: Unschuldig geschluckt
Senatsanfrage ergibt, dass gewaltsame Vergabe von Brechmitteln nur teilweise zum Schuldnachweis führt ■ Von Elke Spanner
Bei rund 20 Prozent aller Brechmitteleinsätze sind die Tatverdächtigen unschuldig. Das ergibt sich aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage, die die GAL-Fraktion nach dem Tod des 19jährigen Achidi J. eingereicht hatte. Bis zu dem Vorfall hatte die Polizei 29 Brechmitteleinsätze am Institut für Rechtsmedizin durchführen lassen. Bei sechs der tatverdächtigen Männer, so nun die Antwort, wurden keine Drogen zutage gefördert.
„Man fragt sich, was für eine Tathandlung die Polizei da zuvor beobachtet haben will“, so der GAL-Abgeordnete Manfred Mahr. Denn Voraussetzung der Brechmittelvergabe ist, dass die Polizei den Verdächtigen bei einem Verkaufsgespräch beobachtet und eindeutige Schluckbewegungen gesehen haben will. Aus Berlin und Bremen, wo ebenfalls „mexikanischer Sirup“ zur Beweissicherung verschluckter Drogen eingesetzt wird, habe es schon länger Hinweise gegeben, dass bei den gewaltsamen Einsätzen „erschreckend oft nichts gefunden wird“. Das zeichne sich jetzt auch in Hamburg ab – und deute darauf hin, dass gewaltsame Brechmittelvergabe doch „ein ungeeignetes und unverhältnismäßiges Mittel ist“. Unter der Voraussetzungen seien die Maßnahmen laut Mahr „nicht zu verantworten“.
Das endgültige Ergebnis der Obduktion von Achidi J. liegt laut Staatsanwaltschaft immer noch nicht vor. Bei einem ersten Befund hatten sich Hinweise darauf ergeben, dass der 19-Jährige nach seinem Herzstillstand zu lange unbehandelt blieb. Dabei seien die ÄrztInnen des Rechtsmedizinischen Institutes laut Senat in notfallmedizinischer Diagnostik und Therapie geschult worden. Vor dem Einflößen des Brechmittels würden die MedizinerInnen die Tatverdächtigen zudem auf mögliche Erkrankungen hin untersuchen. Allerdings wurde bisher noch nie ein Dolmetscher hinzugezogen, und bis auf einen stammten alle Männer aus unterschiedlichen Staaten Afrikas. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Ärztin, bei deren Einsatz Achidi J. ums Leben kam, auf die Untersuchung ohnehin verzichtet hatte.
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