: Einmal Uni, immer Uni
Die Pflege des Kontakts zu ehemaligen Studierenden wird auch an Berliner Universitäten immer wichtiger. Bei den „Alumni-Programmen“ geht es um Beziehungenknüpfen und „Friendraising“
von CHRISTINE BERGER
Der Studentenausweis von Henk Bartel* ist längst abgelaufen, sein Magister in Germanistik hat der 33-Jährige seit zwei Jahren in der Tasche. Dennoch ist der Journalist meist auf dem Laufenden, wenn es um Infos rund um die Technische Universität (TU) in Berlin geht. Der Grund: Bartel ist Teilnehmer des so genannten Alumni-Programms, mit Hilfe dessen die TU den Kontakt zu den Absolventen halten will.
Seit drei Jahren kümmern sich an der Hochschule drei fest angestellte Mitarbeiter um die Ehemaligen, laden sie zu Vorlesungsreihen ein und versorgen sie mit Neuigkeiten. Sogar eine eigene Alumni-Zeitschrift wird kostenlos verschickt. Darin berichten Absolventen etwa über erfolgreiche Existenzgründungen, vor allem aber wird der aktuellen Forschung und Lehre an der TU Raum geboten.
„Viele sind an der Entwicklung der Universität interessiert, weil sie dort prägende Jahre verbracht haben“, so Bettina Klotz vom Alumni-Büro der TU. Zusammen mit zwei KollegInnen verwaltet sie inzwischen 7.000 Adressen ehemaliger TU-Studierender. An Fundraising, wie es in den USA die Universitäten äußerst erfolgreich betreiben, wird bei der Kontaktaufnahme zu den Ehemaligen bisher weniger gedacht. „So weit geht die Dankbarkeit nicht“, meint Klotz und verweist auf die oft mangelhafte Betreuung während des Studiums. Volle Hörsäle und die anonyme Atmosphäre einer Massenuniversität erzeugen nicht unbedingt ein Zugehörigkeitsgefühl.
Um das zu ändern, hat sich an der FUeigens ein Verein etabliert. Ehemalige StudentInnen kümmern sich darin ehrenamtlich um Studierende, organisieren Abschlussfeiern und helfen bei der Suche nach Praktikumsstellen. „Ehemaligentreffen in Fördervereinen der einzelnen Fakultäten gibt es schon seit den Fünfzigerjahren“, so Christian Bruch vom FU-Alumni-Büro.
Die gezielte Einbindung möglichst vieler AbsolventInnen allerdings ist neu. Bruch sieht sich denn auch eher als Vermittler, der Ehemalige in einer Datenbank verwaltet, vor allem aber Interessenten den Kontakt zu den an einzelnen Fakultäten bestehenden Absolventenvereinen herstellt. „Wir wollen Ehemalige als Lobbyisten für die Universität gewinnen, vor allem aber ein Netzwerk schaffen zwischen Uni, Gesellschaft und Arbeitsmarkt“, erklärt Bruch den Alumni-Ansatz. Die Identifizierung mit der Universität spielt ebenfalls eine Rolle. „Wir“ heißt so der sinnige Titel des neuen Alumni-Magazins, das ab Dezember regelmäßig in den Briefkästen von 6.000 registrierten Ehemaligen liegt.
Auch wenn es an der Berliner Universitäten niemand zugeben will, wird langfristig durchaus daran gedacht, den Alumnis den einen oder anderen Tausender aus der Tasche zu angeln. An der Uni Mannheim etwa hat der Verein AbsolventUM e.V. in Zusammenarbeit mit der Unileitung ca. 4 Millionen Mark (2.045.170 Euro) an Spendengeldern akquiriert, von denen ein neuer Hörsaal bezahlt wurde. „Über die Hälfte aller Absolventen werden bei uns Mitglied“, so Christian Kramberg, Gründungsmitglied des Vereins, der in diesem Jahr den mit 100.000 Mark dotierten Alumni-Preis gewonnen hat (siehe Spalte).
Dass der studierte Diplomkaufmann Kramberg auch die AbsolventUM GmbH mit aufgebaut hat und jetzt deren Geschäftsführer ist, ist der wirtschaftlichen Ausrichtung der Universität zuzuschreiben. Die GmbH kümmert sich nicht nur um den Verkauf von T-Shirts und anderen Merchandising-Artikeln. Vor allem bietet sie Fort-und Weiterbildungskurse an, und das erfolgreich: Die 13 Mitarbeiter der GmbH finanzieren sich vollständig aus den erwirtschafteten Erträgen.
Demnächst soll es auch noch eine Stiftung mit 200.000 Euro Einlage geben, die sich dann ausschließlich um das Fundraising für die Universität kümmern soll. „Der Verein übernimmt dann nur noch das so genannte Friendraising“, erklärt Kramberg. Gemeint ist die Kontaktpflege zu den derzeit rund 3.000 Ehemaligen, die Mitglied sind und jährlich 30 Euro dafür zahlen.
Besonderer Service: In einem so genannten Absolventenbuch werden die Lebensläufe und Daten aller Exstundenten eines Semesters erfasst und für jeweils 400 Euro an interessierte Großbanken, Versicherungen und Unternehmensberatungen weiterverkauft. „Zwanzig interessierte Firmen bekommen das Buch vorab und zahlen dafür jeweils 3.200 Euro“, erklärt Kramberg.
Von solch einträglichen Projekten können die Universitäten an der Spree bislang nur träumen. Studierende wie Henk Bartel wurden nach dem geisteswissenschaftlichen Studium nicht gerade umworben, der Sprung ins Berufsleben gestaltete sich schwierig. Die Berliner Universitäten haben deshalb ein Problem, das in Mannheim wohl kaum eine Rolle spielt: Wegen der schlechten Arbeitsmarktchancen wollen viele StudentInnen die Uni gar nicht verlassen und ziehen das Studium, so gut es geht, in die Länge.
*Name geändert
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