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Was Schiefer so anrichten kann

Peter Eisenman, Architekt des geplanten Holocaust-Mahnmals, hat sich Gedanken zu dem Stelenmaterial gemacht. Schiefer ist auch nicht schlecht, meint er. Für andere ist das der Anfang vom Ende des Mahnmals, zumal Eisenman auch die Auslobung der 2.700 Betonstelen gestoppt haben soll

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Für Aufregung haben am Montag die beiden dunklen Schieferstelen auf dem Gelände des geplanten Holocaust-Mahnmals gesorgt. Laut Presseberichten markieren die Schieferblöcke den Anfang vom Ende des von Peter Eisenman und der Denkmal-Stiftung anvisierten Projekts, das im Frühjahr 2002 in Bau geht und 2004 fertig gestellt sein soll. Der New Yorker Architekt, mutmaßen zahlreiche Mitglieder des Mahnmal-Kuratoriums, verstoße mit dem neuen Material nicht nur gegen die Wettbewerbsbedingungen – danach ist für die Stelen Beton vorgesehen. Mit dem Schiefer-Vorstoß blockiere er zudem die laufende Ausschreibung und überschreite die Kostenvorgabe von rund 25 Millionen Euro. Terminverzögerungen, wenn nicht gar die „Gefährdung“ für das lange Zeit umstrittene Mahnmal wären zu befürchten. Ein Holocaust-Mahnmal aus Schiefer? Niemals.

Wenn dem wirklich so wäre, hätten nicht nur die Presseberichte, sondern auch Lea Rosh oder Lothar C. Poll, Mitinitiatoren des Holocaust-Denkmals, Recht. 2.700 Schieferstelen sind wahrscheinlich teurer als die aus Beton. Zudem müsste die Ausschreibung an Beton-Firmen gekippt und danach ein Naturstein-Unternehmen für das Projekt gesucht werden. Schließlich wäre es unerhört, dass Architekt Peter Eisenman die Auslobung stoppt und sich für ein neues Material ausspricht.

Mal ganz davon abgesehen, ob Schiefer in Schwarz, Grün oder gesprenkelt eine ästhetische Alternative wäre, eine wirkliche Gefahr geht von dem Stoff nicht aus. Eisenman hat weder eigenmächtig auf Naturstein umgesattelt und die Auslobung gestoppt noch will er die Kosten überziehen. Sybille Quack, Geschäftsführerin der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, sah die Sache gestern „unaufgeregt“. Der Architekt habe die Verwendung von Schiefer „erwogen“, als über die Oberflächenbehandlung des witterungsabhängigen Betons gesprochen wurde. Sein Berliner Büro sei mit der Prüfung der Naturstein-Ausführung beschäftigt gewesen. Zugleich habe der Architekt sein Einverständnis gegeben, „nicht an dieser Variante festzuhalten, wenn sich dadurch Kostenüberschreitungen und zeitliche Verzögerungen ergeben“. Der Mann habe sich eben „Gedanken“ gemacht, so wie sich Architekten immer Gedanken machten, beruhigte Quack.

Ganz beunruhigend fand die Geschäftsführerin allerdings die Meldung, Eisenman solle die Ausschreibung gestoppt haben. „Die Ausschreibung ist nicht von ihm gestoppt worden“, sagte sie zur taz. Denn eine Ausschreibung hätte es noch gar nicht gegegeben, was die Sprecherin der Bauverwaltung übrigens bestätigte.

Ursprünglich sei die Ausschreibung für Dezember 2001 angekündigt gewesen, sagte Quack. Die Diskussion über die Oberfläche der Stelen und über den Einfluss der Witterung habe zusätzliche Zeit in Anspruch genommen.

Ab 31. Januar soll wieder alles klar sein. Dann werden das Kuratorium und der Architekt auf ihrer abschließenden Sitzung die Beton-Variante einvernehmlich und endgültig festschreiben. Und die Ausschreibung kann raus, ohne Aufregung.

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