: Scharping doppelt zufrieden
Verteidigungsminister mit zweifacher Überraschung: Deutsche ABC-Spezialeinheiten unterwegs zur arabischen Halbinsel. Und die Bundeswehr bekommt nun doch alle 73 Transportflugzeuge, die Scharping wollte – dank eines politischen Kunstgriffs
von CHRISTIAN FÜLLER
Ein sichtlich zufriedener Rudolf Scharping (SPD) hat gestern eine Übung deutscher ABC-Spezialeinheiten auf der arabischen Halbinsel angekündigt. Über den Einsatz wird seit einiger Zeit spekuliert. Nun konnte der Verteidigungsminister überraschend mitteilen, dass die Bundeswehrsoldaten bereits auf dem Weg nach Dschibuti seien. 250 von ihnen werden im Februar an der Übung teilnehmen, die zur Operation „Enduring Freedom“ der USA gehört.
Scharping sagte, die Soldaten seien auf Angriffe mit atomaren, biologischen und chemischen Waffen spezialisiert. Das eingesetzte Gerät werde nach der Übung am Einsatzort verbleiben: Dazu zählen offenbar deutsche Fuchs-Spürpanzer. Scharping machte aber weder zum Umfang der Materialverlegung noch zum Einsatzort genauere Angaben. Es gilt als sicher, dass die Übung in Kuwait stattfinden wird.
Anfang März werde die Übung beendet und der größte Teil der Bundeswehrsoldaten werde dann wieder nach Deutschland zurückkehren, so Scharping. Für kommendes Wochenende werden zudem deutsche Marinestreitkräfte in Dschibuti erwartet; sie sollen Transportwege im Persischen Golf sichern.
Auch die Nachrichten von der kleinen Heimatfront innerhalb der rot-grünen Koalition mussten den in den vergangenen Tagen scharf kritisierten Verteidigungsminister nicht aus der Ruhe bringen. Die umstrittene Finanzierung von 73 neuen Transportflugzeugen Airbus 400 M scheint innerhalb der Koalition gesichert. Darauf haben sich SPD-Fraktionschef Peter Struck und sein Grünen-Pendant Rezzo Schlauch geeinigt.
Der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger hatte bis gestern Vormittag den Eindruck erweckt, die Bereitstellung der Mittel sei haushalts- und verfassungrechtlich ohne einen Nachtragshaushalt nicht machbar. Nun geben sich Metzger sowie der gleichfalls skeptische SPD-Haushälter Volker Kröning und auch Finanzminister Hans Eichel (SPD) mit einem Kunstgriff zufrieden: Statt einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, soll die Mehrheit des Bundestages nun mit einem Entschließungsantrag signalisieren, dass 73 Transportflugzeuge politisch gewollt seien. Ursprünglich hatte der Bundestag nur Mittel für 40 militärische Airbusse im Etat reserviert (5,1 Milliarden Euro).
Wie die fehlenden 3,5 Milliarden Euro in den kommenden Jahren erwirtschaftet werden, ist allerdings weiterhin offen. Damit bleibt auch abzuwarten, wie die anderen beteiligten Seiten – Opposition und internationale Vertragspartner für den Bau des Flugzeugs – mit der merkwürdigen Buchführung von Rot-Grün umgehen.
Die CDU im Bundestag hat bereits angekündigt, gegen die Art der Mittelbeschaffung juristisch vorzugehen – trotz ihrem prinzipiellen militärischen Ja zur Beschaffung den 73 Transportflugzeugen. Auch die FDP meldete Bedenken an. Die acht internationalen Partner des Verteidigungsministers für den Bau des Airbus 400 M erwarten bis Ende Januar die Zustimmung des Bundestages zu dem bereits unterzeichneten Vertrag. Ob ihnen eine politische Resolution ohne finanzielle Grundlage ausreicht, blieb gestern offen.
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