: Jedem sein Denkmal
Die Berliner FDP fordert ein Monument für Gustav Noske, den „Bluthund von 1991“ – als Provokation für die PDS
Die Nachricht liest sich schon ein wenig seltsam: Die Fraktion der FDP hat am Dienstag beschlossen, einen Antrag ins Abgeordnetenhaus einzubringen, in dem der Senat aufgefordert wird, „ein Denkmal für den früheren Reichsminister Gustav Noske (SPD) an geeigneter Stelle in Berlin zu errichten“.
Noske gehört eigentlich nicht in eine liberale Ahnenreihe, eher ins Fetischschränkchen der radikalen Linken. Dort hat der 1868 geborene Sozialdemokrat einen festen Platz: Noske wurde und wird gern verflucht, da er es war, der als „Volksbeauftragter für Militär“ am 11. Januar 1919 das Berliner Zeitungsviertel stürmen ließ. Dort – wo heute das Rudi-Dutschke-Haus der taz und das Springer-Hochhaus stehen – hatten sich damals bewaffnete Demonstranten verschanzt, die der USPD (Unabhängige Sozialdemokraten), der Gewerkschaftsorganisation „Revolutionäre Obleute“ und der jungen KPD nahe standen. Noske, ein Politiker der SPD, die sich damals MSPD (Mehrheitssozialdemokratie) nannte, griff in Ermangelung von republiktreuen Ordnungskräften auf Freikorpstruppen zurück. Diese aus antisozialistisch gesinnten Frontsoldaten rekrutierten Verbände schlugen den „Januaraufstand“ nieder. Anders als linke Politiker unserer Zeit, die beim Befehl von Militäreinsätzen auf ihre emotionale Befindlichkeit und innere Zerrissenheit verweisen, akzeptierte Noske seine Verantwortung mit deutlichen Worten: „Einer muss der Bluthund werden!“ Nicht auf Noskes Befehl geht die Exekution von zwei Führern der Aufständischen zurück. Ein Gruppe von Offizieren ermordete am 15. Januar die KPD-Politiker Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die daraufhin zu Ikonen der deutschen Linken wurden. Erst vor wenigen Wochen versammelten sich über 100.000 Menschen zu ihrem Gedenken an ihren Gräbern in Berlin. Und damit wären wir in der Gegenwart: Der neue Senat von SPD und PDS hat nämlich in seiner unlängst unterschriebenen Koalitionsvereinbarung festgelegt, ein Denkmal für Luxemburg errichten zu wollen.
Der Antrag der FDP-Fraktion ist als Provokation der PDS zu verstehen und als Test für die in Selbstzweifel über Rot-Rot gefangene SPD. Martin Lindner, ein 37-jähriger Anwalt, der gestern Abend zum neuen Fraktionschef der Liberalen gewählt werden sollte, erklärt das so: „Wir wollen die SPD zwingen, sich zu bekennen: zu einem ihrer Gründerväter oder zu einer Feindin der parlamentarischen Demokratie.“
Zu wem sich die fünfzehn Abgeordneten der FDP bekennen, scheint Lindner und Co. weniger zu beschäftigen. Noske war alles andere als ein Liberaler. Der gelernte Korbmacher befürwortete eine deutsche Kolonialpolitik und den Ersten Weltkrieg. Von den Nationalsozialisten wurde er nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 im KZ Fürstenberg inhaftiert. Nicht nur im Urteil der Linken kommt Noske nicht gut weg. Der liberale Publizist Sebastian Haffner schreibt in seiner „Geschichte eines Deutschen – Erinnerungen 1914–1933“: „Das Aroma von Verrat, das ihnen anhaftete, war zu penetrant […]. Ebert und Noske, Leute, die offensichtlich Verräter ihrer eigenen Sache waren und übrigens auch genauso aussehen.“ Im Gegensatz zu den Berliner Freidemokraten erinnert Haffner lieber an einen echten Liberalen: an Walther Rathenau, 1922 ermordet – von Freikorpsoffizieren.
ROBIN ALEXANDER
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