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Grüne fassen Wowereit in die Tasche

Auch die „politische Klasse“ soll sparen: Grüne im Abgeordnetenhaus wollen Senat das 13. Monatsgehalt streichen. SPD-Fraktionssprecher: „Wenn sie noch an der Regierung wären, würden sie das nicht fordern“

„Das riecht mir nach Effekthascherei“

Wenn es nach den Grünen geht, muss sich auch die Verwaltungsspitze beim Sparkurs der rot-roten Koalition in die Tasche fassen lassen. Ihre Fraktion will am Donnerstag im Abgeordnetenhaus beantragen, dass Klaus Wowereit und seine acht SenatorInnen auf das 13. Monatsgehalt verzichten. Gleiches soll auch für die Spitzen der Bezirksämter gelten. Damit lässt sich nach taz-Berechnungen knapp eine halbe Million Euro einsparen – kaum ein halbes Promille der im öffentlichen Dienst angestrebten Sparsumme. Zu den grünen Sparplänen gehört auch, dass die Mitglieder des Abgeordnetenhauses vorerst ihre Diäten einfrieren.

Die Argumentation der Grünen-Fraktion, die ihre künftige Oppositionsarbeit gestern als „konstruktiv, kreativ, kritisch“ vorstellte: Bei den Ampelverhandlungen sei noch vorgesehen gewesen, dass sich auch die „politische Klasse“ an den Sparmaßnahmen beteiligt. Unter Rot-Rot sei dieser Ansatz ersatzlos unter den Tisch gefallen.

Sprecher der damit angesprochenen Koalitionsfraktionen zeigten sich wenig beeindruckt. „Das riecht mir nach Effekthascherei“, sagte SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller der taz. Er bestätigte zwar frühere Überlegungen, das 13. Monatsgehalt ab einer bestimmten Einkommensstufe generell zu streichen, „nicht nur bei Senatoren“. Eine derartige Diskussionen hält er aber erst bei Verhandlungen über einen Solidarpakt für aktuell. Der Vorschlag sei ein typischer Oppositionsantrag: „Wenn die Grünen noch an der Regierung wären, würden sie das nicht fordern.“

Für PDS-Fraktionssprecher Günter Kolodziej ist auch die Forderung, die Abgeordnetendiäten einzufrieren, eher Augenwischerei. Die Fraktionen hätten sich bereits im Herbst genau darauf verständigt. Eine Diätenkommission hatte im September eine Erhöhung um 1,65 Prozent empfohlen. Kolodziej: „Der Eindruck, dass die Grünen hier beim Geld auf der Bremse stehen, während die andern Gas geben, ist nicht richtig.“

Die 141 Mitglieder des Abgeordnetenhauses erhalten eine monatliche Entschädigung von 2.951 Euro plus einer steuerfreien Pauschale von 870 Euro. Unter den deutschen Landesparlamentariern sind die Berliner damit Geringverdiener. Die letzte Erhöhung datiert vom Oktober 2000.

Senatoren gehen nach Angaben der Innenverwaltung mit 10.312 Euro im Monat nach Hause, Karin Schubert und Gregor Gysi bekommen als Bürgermeister noch knapp 700 Euro mehr. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit kassiert 12.248 Euro. Würden sich die Grünen durchsetzen, blieben aus dieser Runde monatlich knapp 100.000 Euro mehr in der Landeskasse.

Weitere 400.000 Euro brächte ein Verzicht auf das 13. Monatsgehalt bei den 72 Stadträten in den zwölf Bezirksämtern. Sie verdienen in den östlichen Stadtteilen zurzeit knapp 5.100 Euro, in den westlichen fast 5.900 Euro. Die Bezirksbürgermeister bekommen 600 beziehungsweise 700 Euro mehr. Ob die Grünen-Anträge übermorgen auf der Tagesordnung des Abgeordnetenhauses stehen werden, entscheidet sich heute. STEFAN ALBERTI

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