: Mahnt EU Eichel?
Heute entscheidet die EU-Kommission über „blauen Brief“ an den Bund wegen zu hohen Staatsdefizits
BRÜSSEL dpa ■ Die EU-Kommission will Deutschland und Portugal als erste Mitgliedstaaten wegen zu hoher Staatsdefizite verwarnen. Falls jetzt nicht gehandelt werde, sei das Mittel eines „blauen Briefes“ künftig nicht mehr brauchbar, hieß es am Dienstag in Kommissionskreisen in Brüssel. Die Entscheidung steht für heute an. Die Finanzminister der EU müssten den Beschluss am 12. Februar noch mehrheitlich bestätigen. Nach Ansicht Berlins ist eine Frühwarnung unnötig, da an der deutschen Haushaltspolitik nichts auszusetzen sei.
Offiziell wurde in Brüssel lediglich bestätigt, die Kommission werde Mittwoch über eine Frühwarnung an die beiden Länder diskutieren. EU-Währungskommissar Pedro Solbes werde seinen Vorschlag direkt den Kommissaren unterbreiten. „Bisher hat es keinen Vorschlag von Herrn Solbes gegeben“, sagte dessen Sprecher. Zu Spekulationen, der Kommissionsvorschlag zu einer Warnung könnte im Rat der Finanzminister von einer Minderheit blockiert werden, sagte ein EU-Mitarbeiter: „Es macht einen Unterschied, ob jetzt nur darüber geredet oder ob ein richtiger Vorschlag dazu vorliegt.“ Nach einem möglichen „blauen Brief“ werde es Beratungen geben.
Die Kommission wird am Mittwoch über die Haushaltsprogramme von acht EU-Staaten beraten, darunter die von Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien. Deutschland wird nach Schätzung der Kommission im laufenden Jahr ein Defizit von 2,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt erreichen und damit nahe an die im Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1996 fixierte Grenze von 3 Prozent kommen. Es wäre des erste Mal seit Verabschiedung des Paktes, dass die Alarmglocke geläutet wird.
Der Kommission gehe es vor allem darum, die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspaktes zu sichern, hieß es in Brüssel. Sie kann nach EU-Recht eine Warnung aussprechen, wenn in einem Staat das Erreichen oder das Überschreiten der erlaubten Defizitmarke droht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen