Ein Herz für Rinder

taz-Aktion Bürgersinn

Berlin – Nein! Das kann, das darf einfach nicht sein!

Erst das Uniklinikum Benjamin Franklin, dann die Reiterstaffel. Kann es noch schlimmer kommen? Es kann: Jetzt müssen auch noch Berlins Kühe dran glauben. Der rot-dunkelrote Senat will die landeseigenen Stadtbauernhöfe verkaufen. Diesmal geht es nicht um 44 altersschwache Polizeipferde, die die BZ retten will. Oder die 4.000 Studenten und 5.000 Arbeitsplätze der Uniklinik, für die das Herz der Morgenpost schlägt. Gleich 12.500 Rinder – darunter 6.000 Milchkühe – wollen Kommunisten und Sozialdemokraten den kapitalistischen Viehverwertern zum Fraß vorwerfen. Da ist doch klar, was passiert: Direkt auf den Schlachthof oder zum langsamen Sterben in Todesboxen auf sogenannten Gnadenhöfen. Hat Wowereit das gemeint, als er ankündigte, es werde gespart, bis die Stadt quietscht?

Die SPD wollte es in den letzten Jahren immer wieder so haben. Nur: da gab es im Senat noch Politiker, die sich vehement dagegen stemmten. Jetzt gibt es als zweite Kraft Wirtschaftssenator Gysi und seine PDS. Und die hat eilig zugestimmt: Nichts wie weg mit den Rindern! Das Schicksal der Tiere scheint besiegelt.

Unsere Berliner Kuhherde. Tolle Tiere an der Seite von top-motivierten Stadtbauern. Die beliebtesten Viecher der Bärenstadt. Sympathisch und erfolgreich: 45 Millionen Liter liefern uns die treuen Rinder jedes Jahr. Und machen damit das Land Berlin bundesweit zum Milchproduzent Nummer eins. Jetzt soll ausgerechnet bei diesen Tieren gespart werden, die anspruchslos und klaglos immer ihre Pflicht getan haben.

Wowereit und Co. interessiert das nicht. Uns schon.

Deshalb fragt die taz: Wer rettet unsere Kühe? Sie dürfen nicht verschwinden. Schließlich sind die Rinder ein Stück Berliner Tradition, ein Stück Lebensqualität. Denn wie kein anderes Tier ist die Kuh mit der Geschichte unseres Millionendorfs verbunden.

Wo die Kühe mit ihren Glocken wachen, flüchten die Dealer aus den Parks. Lauben-Einbrüche hören auf. Umweltsünder wagen sich nicht mehr in die Wälder.

Stellvertretend für die 12.500 betroffenen Rinder stellen wir heute siebzehn Tiere vor. Ein Blick in die traurigen Augen von Barti, Torri und Kucki lässt ahnen: Sie wissen, was Ihnen bevorsteht. Mit der Unterschriftenaktion „Hände weg von unseren Kühen“ unterstützt die taz nun den Hilferuf der Rinder. Schreiben Sie Protestbriefe und Karten. Wenden Sie sich an Freunde, Arbeitskollegen und Verwandte mit der Bitte, sich an der Aktion zu beteiligen. Damit der Wahn ein Ende nimmt. GA/MLA/MM

wowi in the slaughterhouse SEITE 18

Lebensohrnummer: DE12600-24666, Polli, *05.12.97, Milchertrag: nur 6.573 Liter im Jahr. Schon das fehlerhaft amputierte linke Horn war für sie ein böses Omen …

DE12600-49563, Benjamine, *18.08.99, noch keine erfasste Milchleistung, denn die Schwarzbunte ist am 1. Februar zum ersten Mal Mami geworden.

DE12600-08016, Bodi, *02.03.96, 9.886 Liter – eine gute Kuh, sie liegt weit über dem jährlichen Durchschnitt von 8.400 Litern auf dem idyllischen Gut Birkholz.

DE12600-16686, Rosalie, *08.02.97, 7.654 Liter. Ihre Launen bringen Unruhe in den Stall, denn sie ist im 7. Monat schwanger. Wird ihr Kalb noch Berliner sein?

DE12600-08214, Hera, *06.08.96, 10.295 Liter. Die Göttliche ist nicht nur eine der besten Milchkühe, sie erwartet auch bald zum dritten Mal Nachwuchs.

DE12600-49531, Franka, *12.07.99. Ihr Mutterschaftsurlaub währt nicht mehr lange, dann muss auch die dunkle Schönheit täglich an die Melkanlage.

DE12600-24624, Lola, *29.10.97, 5.729 Liter. Sie sollte bald losrennen, denn bei ihrer geringen Milchleistung steht sie ohnehin auf der Abschussliste, Verkauf hin oder her.

DE12600-18473, Leysa, *10.06.98, 8.670 Liter. Das vergangene Jahr war ihr erstes an der Melkanlage, und dann gleich über dem Durchschnitt. Eine gute Kuh für Berlin!

DE12600-18484, Kucki, *16.07.98, 8.417 Liter. So viel weißes Fell – für die erfahrene Gutsleitung ein Zeichen für gute Milchleistung. Bravo Kucki, weiter so!

DE12600-18471, Klaudia, *26.05.98, 8.887 Liter. So viel Zeit muss sein: Genüsslich kaut sie gerade ihr Mittagessen zum dritten Mal. Wie oft noch?

DE12600-51715, Quintessa, *17.11.95, 10.703 Liter. Die beste Kuh im Stall! Von rot-dunkelrot hält sie nix, schwarz-weiß ist ihre Farbkombination.

DE12600-24225, Barti, *10.06.97, 10.604 Liter. Alle mögen die gemütliche Kollegin. Auch sie durch und durch eine Berlinerin mit Herz und Schnauze!

DE12600-49611, Schätzchen, *14.10.98, 7.635 Liter. Ihr rechtes Horn zeigt nach unten – geht es abwärts? Weiß sie schon, was bald auf sie zukommt?

DE12600-49592, Mastkalb, *19.09.99. Der Name ist Programm: Schon früh hatte sie viel Fleisch auf den Lenden, das könnte ihr zum Verhängnis werden.

DE12600-49604, Bärbel, *30.05.97, 8.197 Liter. Immer die Erste in der Futterschlange, eine rege Kuh. Ihre Stallnachbarinnen munkelten etwas von BSE. Doch Bärbel ist kerngesund.

DE12600-24133, Torri, *03.07.97, 8.565 Liter. Ihr Sternzeichen Krebs spiegelt ihren Charakter wider: schüchtern und zurückhaltend. Ihr Horoskop sagt: Es stehen Veränderungen an!

DE12600-41241, Gysela, *30.05.95, 6.954 Liter. Fürsorgliche Mutter von Schätzchen. Traurig blickt sie in die Zukunft – soll eine herzlose Kommunisten-Politik die kleine Familie auseinanderreißen?