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Privatschulen in ihrer Existenz bedroht

Der Senat will die Zuschüsse für private Schulen kürzen. Das sei verantwortungslos, kritisieren FDP, Grüne und private Schulträger. Sie fordern mehr Geld. Um trotzdem zu sparen, will die FDP staatliche Schulen an private Träger übergeben

Nach den öffentlichen Diskussionen um das Uniklinikum Benjamin Franklin und die Reiterstaffel ist die rot-rote Koalition nun im nächsten Fettnapf gelandet. Laut einem internen Strategiepapier planen SPD und PDS, bis zum Jahre 2006 die Personalzuschüsse für Schulen in privater Trägerschaft von derzeit 97 auf nur noch 90 Prozent der Lohnkosten zu kürzen. Für sämtliche weitere Kosten müssen schon jetzt die Eltern und die Träger aufkommen. Die Eltern zahlen daher je nach Einkommen ein monatliches Schulgeld von bis zu mehreren hundert Mark.

Vertreter christlicher Schulen und der Waldorfschulen protestierten gestern gemeinsam mit der bildungspolitischen Sprecherin der FDP, Mieke Senftleben, gegen die Kürzungspläne. Senftleben verlangte darüber hinaus von Schulsenator Klaus Böger (SPD), er solle gezielt private Neugründungen fördern. Die seien für das Land um rund ein Drittel günstiger als staatliche Schulen vergleichbarer Größe. Daher wäre es sogar sinnvoll, staatliche Schulen in private Trägerschaften übergehen zu lassen. Auch Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen, bezeichnete weitere Kürzungen als nicht akzeptabel. Mit ihrem Vorschlag, staatliche Schulen zu privatisieren, schieße die FDP aber am Ziel vorbei.

Die betroffenen Schulen, da sind sich beide Parteien einig, wären bei Vollzug der Sparmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht. Ein bis zu 50 Prozent höheres Schulgeld wäre nötig, um die entstehenden Budgetlücken zu schließen, sagte Senftleben. Das Vorurteil, private Schulen seien nur für Reiche, würde so zur bitteren Wahrheit.

Momentan, betonte Manfred Hermann, Schulrat des Evangelischen Konsistoriums, eines der größten privaten Träger in Berlin und Brandenburg, betrage der Anteil von Sozialhilfeempfängern an den evangelischen Schulen noch 15 bis 20 Prozent. „Mit der neuen Regelung wäre das nicht mehr finanzierbar.“

An den Waldorfschulen liege das Einkommensniveau der Eltern sogar unter dem Berliner Durchschnitt, sagte Detlef Hardorp, Sprecher der Waldorfschulen. „De facto beträgt der staatliche Zuschuss schon heute nur noch 92 Prozent, da die Putzkostenerstattung gestrichen wurde.“ Kompensiert habe man die Benachteiligung gegenüber staatlichen Schulen bisher durch um 20 Prozent niedrigere Gehälter. Bei noch geringeren Löhnen würden viele Lehrkräfte an staatliche Schulen wechseln. Weitere Lohnkürzungen seien also nicht möglich. Auch das Schulgeld könne man nicht erhöhen.

Die Sparpläne, sagte der Direktor des Evangelischen Konsistoriums, Manfred Hermann, hätten Finanzfachleute entworfen, denen die Auswirkungen nicht klar seien. Auch gebe es bei der einflussreichen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft „merkwürdige Einstellungen“ zu den privaten Trägern. Ein Mentalitätswechsel sei gefragt. Ansonsten sei die Vielfalt der Berliner Bildungslandschaft in Gefahr.

Bereits am 31. Januar hatte die FDP im Abgeordnetenhaus beantragt, die Zuschüsse nicht zu verringern. Am Donnerstag wird darüber im Schulausschuss beraten. THILO KUNZEMANN

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