: Bald wird alles neu im „Dom des Ostens“
Die Zionskirche in Mitte wird saniert: Hier wirkte Dietrich Bonhoeffer 1931/32, als Heimat der Umweltbibliotheks-Gruppen war das Gotteshaus ein Zentrum der DDR-Opposition. Aber geht es nach der Kirchenleitung, werden die Spuren dieser großen Geschichte bei der Sanierung verwischt
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Das Wahrzeichen im Häusermeer des Bezirks Mitte hat schon bessere Tage gesehen. Aufregendere. 1986 gründeten dort Kirchenmitglieder, Menschenrechts- und Ökofreaks die so genannte Umweltbibliothek. Am 26. 11. des gleichen Jahres stürmte die Stasi den Ort freier Information und offener Gespräche. Berühmt wurde das Bauwerk danach durch die Lichterketten des Protests, die drei Jahre später zum Fall der Mauer führten. Heute erscheint die evangelische Zionskirche als Sanierungsfall durch Bau- und Feuchtigkeitsschäden im Innern, bröckelnden Putz und falschen Farbauftrag, eine fehlende Heizung sowie eine eingeschränkte Nutzung.
Nun soll der Dom des Ostens, wie die Zionskirche wegen ihrer das Viertel dominierenden Höhe genannt wurde, erneuert und ausgebaut werden. Noch in diesem Jahr könnte nach Angaben des Gemeinderats der erste Bauabschnitt (von insgesamt drei Phasen) zur Restaurierung und Modernisierung des Innenraums beginnen. Nach dem Abschluss der „Ideenbörse“ Ende Januar 2002, zu der die Kirche zehn Architekten eingeladen hatte, wurde beschlossen, drei Büros „zur Teilnahme an der zweiten Stufe“ eines Bauwettbewerbs zu beteiligen. Eine Jury kürte die Architekten Klaus Block, Jaklin/Welp sowie Meyer/Große Hebenstreit. Die endgültige Entscheidung soll im Frühjahr fallen: wenn die Entwürfe überarbeitet sind und genauere Ideen für die Nutzung vorliegen. Subventionen erhofft sich die Zionskirche vom Land, vom Denkmalschutz und aus dem Lottotopf.
Die Anforderungen für die Architekten sind vielschichtig. So soll neben dem Einbau der Heizung und einer Küche auch die Akustik verbessert werden. Hinzu kommen Gruppenräume. Der große Innenraum soll „unter möglichst denkmalpflegerischen Belangen“ instandgesetzt werden. Klar ist auch, so fordert der Gemeinderat, dass das Kirchenschiff „einen multifunktional zu nutzenden Raum ergeben soll, in dem Gottesdienste ebenso möglich sind wie Konzerte, Podiumsgespräche, Theatervorstellungen und Ausstellungen“.
Während der Entwurf der Architekten Meyer/Große Hebestreit mit einer Haus-im-Haus-Planung im Kirchenraum sich am weitesten von den Vorgaben entfernt, nehmen Tobias Jaklin und Uwe Welp sowie Klaus Block nur Einbauten im Bereich von Orgel und Empore vor. Aber alle drei Teams der Endauswahl reagieren nicht auf die jüngere Geschichte der Kirche – als Arbeitsplatz von Dietrich Bonhoeffer (1931/32), als Heimat der Umweltbibliotheks-Gruppen bis 1990.
Bezug nehmen darauf die Architekten Göschel/von Rosenberg in ihrem Entwurf, der vom Gemeinderat abgelehnt worden ist. Den Kirchturm verwandelten sie in einen „Umweltturm“, der neben der Einrichtung eines Bonhoeffer-Archivs und der „Wiedereröffnung und Weiterentwicklung der Umweltbibliothek“, so Wolfgang Göschel, auch Schauräume für Umwelttechnik und Ausbildungsplätze in einem Umweltlabor integriert. Damit könne die sozio-ökologische Bedeutung der Kirche vor der Wende wieder aufgenommen, zugleich als Labor und Archiv wiederbelebt werden – ein Konzept, dem die Kirchenleitung ihren Segen aus nicht verständlichen Gründen verweigerte.
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