: Viel Theater um Theater im Palast der Republik
Für eine Zwischennutzung des asbestsanierten Gebäudes fehlt es am Willen und am Geld: Provisorische Wiederherstellung kostet 1,5 Millionen Euro
So viel ist sicher: Um den ehemaligen Palast der Republik wird es auch weiterhin viel Theater geben. Im Palast dagegen vorerst nicht. Die Asbestsanierung läuft noch bis zum Herbst und wird nicht viel mehr als einen entkernten Rohbau hinterlassen, heißt es aus der Oberfinanzdirektion (OFD), die das Gebäude für den Bund verwaltet. Die Idee der kulturellen Nutzung des Torsos bezeichnet OFD-Sprecher Helmut John deshalb als „völlig schnapsig“.
Im November vergangenen Jahres hatten die grüne Baustadträtin des Bezirkes Mitte, Dorothee Dubrau, und die damalige Kultursenatorin Adrienne Göhler angeregt, den bereits vom Asbest befreiten ehemaligen Volkskammersaal für Theater und Konzerte nutzbar zu machen – zumindest so lange nicht feststehe, was mit dem Palast und dem öden Schlossplatz geschehen soll. Ein Wort dafür ward schnell gefunden: Zwischennutzung. Interessenten auch: das Theater Sophiensaele und die Staatsoper, die sich anschickte, in ausgefallener Kulisse den „Fidelio“ aufzuführen.
„Ich stehe der Idee sehr aufgeschlossen gegenüber“, lässt sich Kultursenator Thomas Flierl (PDS) zitieren. Doch auf seine Hilfe können die Verfechter der Zwischennutzung trotzdem nicht hoffen. Aus der Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) heißt es, hier werde vorerst gar nichts zwischengenutzt – und zwar genau so lange, bis fest stehe, was mit dem Palast und dem öden Schlossplatz geschehen soll. Man werde also, ebenso wie das Bundesbauministerium, den für März angekündigten abschließenden Bericht der Schlossplatz-Kommission abwarten.
Inzwischen haben die OFD und die Bauaufsicht ermittelt, dass die provisorische Herrichtung des Gebäudes über 1,5 Millionen Euro kosten würde. Diese Summe reicht jedoch bei weitem nicht für eine grundlegendene Infrastruktur – wie Toiletten, Strom und Licht –, sondern deckt allein die Kosten, um das Gebäude überhaupt für die Öffentlichkeit begehbar zu machen, so OFD-Sprecher Helmut John. Bei der Sanierung habe man Durchbrüche in die Decken reißen müssen, außerdem gebe es teilweise keine Treppenhäuser und Geländer mehr. Doch vor allem: Vor dem Ende der Sanierungsarbeiten könne man diese Missstände auf gar keinen Fall beheben, denn das würde womöglich die ganze Sanierung behindern, was wiederum den Baufirmen die Gelegenheit böte, deswegen Nachzahlungen zu fordern.
Der Bauleiter der Firma Strabag, die an der Sanierung des Palast beteiligt ist, jedenfalls hält eine Zwischennutzung für „grundsätzlich möglich, wenn ein Zustand hergestellt wird, der das ermöglicht“.
Offensichtlich gehen die Vorstellungen von Theater manchmal sehr weit auseinander. Die Leiterin der Sophiensaele, Amelie Deuflhard, ist der Meinung, man könne im Rohbau des Volkskammersaales zwar kein „normales Theater“ veranstalten, wohl aber Projekte, für die eben keine Bühne, kein Licht etc. benötigt werden. „Wir sind spezialisiert auf das Bespielen von Nicht-Theaterräumen“, sagt sie.
Inzwischen sollen auch Schaubühne, Volksbühne und die Berliner Festspiele ihr Interesse an der Palastkulisse bekundet haben. Ein Pilotprojekt mit Wagnermusik sei bereits finanziert. Und weil man lediglich an einer Nutzung von drei bis sechs Monaten interessiert ist, sieht Deuflhard auch keine Notwendigkeit für größere bauliche Investitionen – zumal sie findet: „Die Decken in den Sophiensaelen sehen gefährlicher aus.“ Ob es irgendwann einmal zu der erhofften Zwischennutzung kommt, „hängt letztlich vom politischen Willen ab“, glaubt die Theaterchefin.
Genau den kann OFD-Sprecher Helmut John derzeit allerdings nicht erkennen. Seiner Meinung nach werden weder Bund noch Land dazu bereit sein, Millionen in eine Zwischenlösung zu investieren. Vielleicht sollte vorerst eine eigene Zwischennutzungs-Kommission gebildet werden. Die für den Schlossplatz zuständige hätte ja ab März wieder freie Kapazität.
JAN ROSENKRANZ
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