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Senat mit der Schere: Noch ein Stück kürzer

■ SPD fordert gemeinsam mit Drogen- und Aidshilfe Rücknahme der Einsparungen

Was ein Machtwechsel so ausmacht: Es finden sich neue Verbündete. So sitzt die SPD gemeinsam mit Aids- und Drogenhilfen vor der Presse, um die Kürzungen des Senats im Gesundheits- und Drogenbereich zu geißeln. „Es ist eine Schande, was hier passiert“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, Mathias Petersen. Die Schließung der psychosozialen Beratungsstelle Subway, des Billstedter Drogenhilfeprojektes DroBill, die massiven Kürzungen bei der Aids-Hilfe und beim Jugendhilfeträger Basis – für die Sozialdemokratie ist das „Sparen auf dem Rücken der Schwachen“.

Petersen räumt ein, „auch der SPD-Senat hatte Einsparungen und Budgets in diesem Bereich verlangt“, jedoch habe man der Prävention stets große Bedeutung beigemessen – ein Pfad, den der Senat nun verließe. Unterstützung für diese Kritik kommt auch von der Ärztekammer. In einer Stellungnahme fordert sie den Senat auf, die Haushaltsmittel im Suchtbereich nicht zu kürzen. „Mit Erstaunen und Entsetzen“ nehme man zum Beispiel die Schließungspläne für das Subway zur Kenntnis.

Subway-Sprecher Markus Böhlke, der ebenso wie DroBill-Projektleiter Georg Kurz-Lung von den Senatsabsichten erst aus der Zeitung erfahren durfte, sieht im Fall einer Schließung für seine KlientInnen – viele von ihnen obdachlos und HIV-infiziert gleichermaßen – kaum Alternativen, ihren Alltag zu bewältigen: „Sie werden dann wohl wieder die Tage auf dem Jungfernstieg oder am Neuen Wall verbringen.“ Und Thomas Nebel, Geschäftsführer von Basis e.V., sieht auch öffentliche Kundgebungen als wenig erfolgreich an, den Rechtssenat noch zu überzeugen: „Das Elend der Menschen, die wir betreuen, ist doch allen bekannt. Es wird offenbar schlicht in Kauf genommen.“

Subway minus 700.000 Euro, DroBill minus 267.400 Euro, Basis minus 125.000 Euro, Aids-Hilfe minus 50.000 Euro – die SPD will dies alles in einem Antrag an die heutige Bürgerschaft rückgängig machen lassen. Zudem fordert sie den Senat auf, bis Juni ein Hilfskonzept für Crack-Abhängige vorzulegen. Ein solches Konzept hat allerdings auch die SPD zu Regierungszeiten versäumt zu entwerfen – in anderen Städten wie Frankfurt gibt es bereits seit 1997 spezielle Crack-Projekte.

Die senatliche Kürzungsarie wird derweil ungehindert weiter- gesungen. So soll nach dem Willen der Sozialbehörde vier Schulen, unter ihnen der Ganztagsschule Osterbrook in Hamm, der Mittagstisch durch den ABM-Träger „Essen in Schulen“ gestrichen werden – „in einem Stadtteil, in dem viele Schüler ganz ohne Frühstück in die Schule geschickt werden“, wie der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Dirk Kienscherf feststellt. Peter Ahrens

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