piwik no script img

Grüne, Länder und Kommunen gegen Sparpaket

Sparpläne des Finanzministers Eichel stoßen auf Entsetzen. Städte fürchten neue Lasten durch Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe

BERLIN rtr ■ In der rot-grünen Koalition mehren sich die Forderungen an Finanzminister Hans Eichel, vor der Bundestagswahl auf ein spezielles Sparprogramm zur Haushaltskonsolidierung zu verzichten. Auch die Gewerkschaft Ver.di protestierte gegen die SPD-Sparpläne.

„Jetzt wird kein Sparpaket geschnürt“, sagte der Grünen-Haushaltsexperte Oswald Metzger. Erst im Haushalt 2003 soll durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gespart werden und zugleich sollen Anreize zur Aufnahme von Arbeit auch im Niedriglohnsektor geschaffen werden. Zuvor hatte bereits SPD-Fraktionschef Peter Struck erklärt, im Wahljahr seien keine zusätzlichen Sparpakete erforderlich, um Eichels Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts 2004 zu erreichen. Eichel hatte der EU zugesagt, einen „nahezu ausgeglichenen“ Staatshaushalt vorzulegen und 2006 auch im Bund keine neuen Schulden mehr zu machen. Damit wollte er eine EU-Vorwarnung wegen der hohen Neuverschuldung zu verhindern.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christine Scheel, wies den Ländern einen Hauptteil der notwendigen Sparmaßnahmen zu. Die Länder hätten ihre Verschuldung im vergangenen Jahr verdreifacht. Nun müssten „manche Prestigeobjekte, von denen Länderfürsten träumen“, auf den Prüfstand, sagte Scheel.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sagte, Eichels Haushaltsziel sei aus Sicht der Länder „ausgesprochen schwierig“. Die Länder seien längst an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Der Bundesfinanzminister müsse sich nun mit seinen Länderkollegen zusammensetzen und möglichst bald konkrete Sparvorschläge machen. Auch die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth (CDU), lehnte den von Eichel geforderten nationalen Stabilitätspakt ab. „Wenn der Bund in Brüssel Versprechen macht, muss er erst einmal selber die Suppe auslöffeln“, sagte Roth. Die Pläne zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bezeichnete Roth als Albtraum für die Kommunen. „Das wäre wieder einmal nur eine Verschiebeaktion des Bundes zu Lasten der Städte.“

Das Bundesfinanzministerium wies gestern einen Bericht der Bild-Zeitung zurück, wonach erhebliche Einschnitte bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) geplant sind. „Der Bericht ist falsch, weil es in unserem Haus noch keine konkreten Sparvorschläge gibt“, sagte ein Ministeriumssprecher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen