: Stabilitätspakt ja, aber wie?
Die Länder freunden sich mit dem Gedanken an, gemeinsam weniger Schuldenzu machen. Die Frage ist, wie sie sich zu finanzieller Zurückhaltung motivieren lassen
BERLIN taz ■ Die erste Aufregung um den „nationalen Stabilitätspakt“ ist verflogen. Vor wenigen Tagen noch hatte der Bundesfinanzminister mit seiner Idee eines innerdeutschen Maastricht-Vertrages noch „blankes Entsetzen“ (Handelsblatt) bei den Ländern ausgelöst.
Nun schwenken sie eins nach dem anderen auf die Linie von Hans Eichel (SPD) um. Einigkeit darüber, wie man die Schuldenmacherei eindämmen soll, herrscht deswegen freilich noch keineswegs.
Die großen drei – Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen – beteuern bereits, dass sie nie etwas gegen einen Pakt gehabt hätten, der die Stabilität der Währung sichert. Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) etwa wünschte sich gestern gegenüber der taz einen Staatsvertrag, um den nationalen Stabilitätspakt umzusetzen. Sein höchst demokratisches Argument dafür: Wenn allein Hans Eichel und die Länderfinanzminister sich übers Sparen verabreden, würde das Budgetrecht der Länderparlamente verletzt. „Die aber müssen eingebunden sein“, sagte Faltlhausers Sprecher Bernd Schreiber.
Faltlhausers Kollege aus Baden-Württemberg, Gerhard Stratthaus, der vergangene Woche noch präzise Vorstellungen vorgetragen hatte, schiebt die Hauptverantwortung nun Eichel zu: „Der Bund muss Vorschläge unterbreiten.“ Und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement will gleich die ganze Finanzverfassung der Bundesrepublik ändern – ein Vorhaben, das bis 2004 nicht zu verwirklichen wäre.
Aber bereits 2004 muss die Bundesrepublik in Brüssel einen fast ausgeglichenen Gesamthaushalt vorweisen. Das heißt: Bund, Länder und Gemeinden dürfen nur ein halbes Prozent Defizit aufweisen. Zum Vergleich: 2001 machten die neuen Schulden 2,7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus – das waren insgesamt etwa 50 Milliarden Euro Miese. Es waren die Länder, die den Löwenanteil der unerwarteten Schulden zu verantworten haben. Und unter ihnen die großen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie die stets klammen Stadtstaaten.
Schuld am Minus war übrigens nicht allein die Steuerreform – vor allem die Westländer haben mehr ausgegeben, als sie im Finanzplanungsrat verabredet hatten. Weil dies gescheitert ist, fragen sich nun alle: Wie soll man die Länder zu finanzieller Zurückhaltung motivieren? Eine Antwort lautet: durch Strafen!
Genau an diesem zentralen Punkt eines Stabilitätspaktes, den Strafen, scheiden sich die Geister. Wie die Defizitspielräume zwischen Bund und Ländern sowie wiederum unter den Bundesländern zu verteilen wären, scheint lösbar. Was aber geschieht mit den Ländern, die ihren nationalen Dispokredit überziehen? CHRISTIAN FÜLLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen