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Giftspritze im Obstgarten außer Kontrolle

Pflanzenschutzamt weist nach: Obstbauern im Alten Land sprühen illegal Pestizide und missachten Auflagen

BERLIN taz ■ Die deutsche Landwirtschaft hat einen neuen Pestizidskandal. Die Bauern im größten deutschen Obstanbaugebiet, dem Alten Land bei Hamburg, verstoßen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln flächendeckend gegen die behördlichen Auflagen. Das geht aus internen Berichten des zuständigen Pflanzenschutzamts Hannover, des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie und des Umweltbundesamtes hervor, die der taz vorliegen. „Pflanzenschutzmittel wurden und werden im Alten Land illegal eingesetzt“, schreibt das Umweltbundesamt.

Nach den Untersuchungsberichten des Pflanzenschutzamtes Hannover setzten die Bauern Pflanzenschutzmittel ohne Genehmigung ein; sie halten bei ihren Spritztouren die vorgeschriebenen Abstände zu den Wasserläufen nicht ein, verzichten auf Techniken zur Schonung der Wasserläufe und führen nicht wie vorgesehen Buch über die Gifteinsätze. Als Resultat fanden die Wissenschaftler im Wasser Pestizidrückstände, die zum Teil um das Zehn- oder gar Hundertfache über der Obergrenze von 0,1 Mikrogramm liegen. Die Erfahrungen im Alten Land „zeigen, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht sachgerecht erfolgt“ und dass „offensichtlich systematisch gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird“, moniert das Umweltbundesamt. Heute diskutieren die Fachbehörden das Thema bei einem Treffen in der Biologischen Bundesanstalt. Die Wasserproben zeigen hohe Überschreitungen bei den Herbiziden Chlortoluron, Simazin, Diuron und 2,4 D. Diese Stoffe sind zum Teil in Deutschland nicht zugelassen und stehen im Verdacht, Krebs auszulösen oder das Hormonsystem von Organismen empfindlich zu stören. „Die Befunde deuten auf eine rechtswidrige Anwendung hin“, ist das Fazit des Umweltbundesamts.

BERNHARD PÖTTER

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