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„Einzelne schwarze Schafe“

Obstbauern im Alten Land wehren sich gegen Vorwurf des illegalen Pestizid-Einsatzes. Agrarminister entscheiden über die Ausnahmeregelung im Frühjahr

BERLIN taz/dpa ■ Auf die Enthüllung folgte der Protest: Gestern wies das Obstbauzentrum (OBZ) in Jork (Kreis Stade) einen Bericht der taz zurück, im Alten Land würden illegal Pestizide eingesetzt. „Wir setzen die neue Allgemeinverfügung (die Ausnahmeregelung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, d. Red.) konsequent um“, sagte der Leiter des Zentrums, Karl-Heinz Tiemann. Der Mindestabstand zu Wasserläufen werde beim Spritzen strikt eingehalten, betonte er. Strittig sei allerdings die Einstufung von gelegentlich Wasser führenden Gräben. Wenn einzelne Bauern gegen die Verfügung verstießen, müssten sie mit Bußgeldern rechnen. Daraus ließe sich aber nicht auf die Praxis im gesamten Gebiet schließen, so Tiemann.

Der gestrige taz-Bericht stützte sich auf interne Papiere des Pflanzenschutzamtes Hannover, des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie und des Umweltbundesamtes. Demnach „wurden und werden im Alten Land Pflanzenschutzmittel illegal eingesetzt“. Der Monitoring-Bericht des Pflanzenschutzamtes Hannover, der der taz vorliegt, listet die zum Teil wesentlich überhöhten Herbizidrückstände auf. Einige der Stoffe sind in Deutschland nicht zugelassen. Außerdem legt er Beweise dafür vor, dass die Bauern beim Spritzen nicht den erforderlichen Abstand zu Gewässern einhalten, nicht die schonendste Technik einsetzen und ihr Vorgehen kaum dokumentieren.

Der Status von Bewässerungsgräben, die nur selten Wasser führen, ist ebenfalls eindeutig geklärt: Sie gelten laut Pflanzenschutzgesetz als Gewässer und die Abstandsregeln sind einzuhalten. Hanns-Dieter Rosinke vom niedersächsischen Agrarministerium bestätigte die Existenz der Berichte, sieht aber nur „einzelne schwarze Schafe“. Die Obstbaugenossenschaft setze die Mittel, die zum Teil in anderen EU-Staaten frei erhältlich seien, nicht ein. Auch liefen „etliche Bußgeldverfahren“ gegen Bauern, die die Abstände zu den Gewässern nicht einhielten, erklärte Rosinke. Neben dem direkten Verspritzen der Gifte sei es auch „theoretisch möglich“, dass die Pestizidrückstände in den Wassergräben von anderen Orten angespült worden seien.

Der Bericht des Pflanzenschutzamtes soll im Frühjahr der Agrarministerkonferenz der Länder vorgelegt werden. Die Länder werden dann entscheiden, wie mit den Ausnahmeregeln für die Bauern im Alten Land weiter zu verfahren ist. BPO

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