: Pornos nur jugendsicher auf Sendung
Teilerfolg fürs Pay-TV: Premiere darf Pornografisches ausstrahlen, muss Minderjährige aber technisch schützen
BERLIN taz ■ Die Ausstrahlung von Pornografie im Bezahl-Abo-Fernsehen ist erlaubt, wenn der Jugendschutz sichergestellt ist. Mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erzielte der deutsche Pay-TV-Sender Premiere gestern zumindest einen Teilerfolg.
Ins Rollen kam der Streit schon vor fünf Jahren. Damals beanstandete die Hamburger Landesmedienanstalt, dass Premiere auch Filme mit teils pornografischem Inhalt ausstrahlte. Der Bezahlsender nahm den Fehdehandschuh auf und trug den Streit bis zum Bundesverwaltungsgericht. Pornografie anbieten zu dürfen, wäre „natürlich ein Verkaufsargument für Premiere“, begründete Premiere-Anwalt Martin Kreile das Interesse des Senders.
Bisher heißt es im Medienstaatsvertrag allerdings: „Sendungen sind unzulässig, wenn sie pornografisch sind (§ 184 StGB)“. Als Pornografie definierte der Bundesgerichtshof, dass die Filmhandlung „unter Hintanstellung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund rückt“. Dieser Definition schloss sich das Gericht gestern ausdrücklich an.
Umstritten war im Prozess vor allem, ob Pornografie im Fernsehen generell verboten ist – so das Verwaltungsgericht Hamburg als erste Instanz – oder ob eine Ausstrahlung dann möglich ist, wenn der Jugendschutz durch technische Vorkehrungen sichergestellt ist – so die Position von Premiere. Nach Ansicht des Bezahlsenders bezieht sich das strafrechtliche Verbot von Pornografie „durch Rundfunk“ nur auf „Live-Darbietungen“, weil diese schwer zu kontrollieren seien. Dagegen gelte für die Ausstrahlung von Filmen das Gleiche wie für den Verkauf von Magazinen: Es muss nur gewährleistet werden, dass Minderjährige nicht in Kontakt mit Pornografie kommen. Dieser Ansicht schloss sich nun auch das Bundesverwaltungsgericht an.
Mit ihrer milden Auslegung ersparten sich die Berliner Richter wohl auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Premiere hatte jedenfalls damit argumentiert, dass ein generelles Pornografieverbot im Fernsehen die grundgesetzlich garantierte „Informationsfreiheit“ der Bürger verletze. In einer neuen Prozessrunde vor dem Hamburger Verwaltungsgericht muss Premiere nun aber belegen, dass es den Jugendschutz tatsächlich gewährleisten kann. Dabei stellen sich zwei Probleme: Derzeit können Jugendliche im Internet ein Premiere-Abo ordern, ohne dass ihr Alter wirksam überprüft wird, wie Gernot Lehr, der Anwalt der Medienanstalt, den Richtern darlegte. Und auch ein Eltern-Abo ist gegen jugendliche Neugier nicht wirksam gesichert. Zwar müssen jugendgefährdende Angebote jeweils durch einen vierstelligen PIN-Code entsperrt werden. Wie Untersuchungen der Medienschützer ergeben haben, bekommen Jugendliche den PIN-Code meist deutlich vor Erreichen der Volljährigkeit mitgeteilt. Dafür will Premiere freilich nicht haftbar gemacht werden. „Was die Eltern mit ihrem PIN-Code machen, ist eine Erziehungsentscheidung,“ betonte Premiere-Anwalt Kreile.
CHRISTIAN RATH
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