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Übers Knie gebrochen

■ Dealer zu 15 Monaten Haft verurteilt

Das Amtsgericht Hamburg hat gestern den 23jährigen Alpha Z. aus Burkina Faso wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels zu 15 Monaten Knast ohne Bewährung verurteilt. Verteidiger Andreas Thiel kündigt wegen aus seiner Sicht krasser Verfahrensfehler Rechtsmittel an. In dem Prozess ging es ihm weniger um das Dealen mit ein paar Kugeln Crack, sondern um die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Brechmittelvergabe – gegen Z. hatte die Polizei Brechmittel eingesetzt. Thiel ist von einem „Beweisverwertungsverbot“ dieses Einsatzes überzeugt, da der Beschuldigte vorher nicht rechtmäßig belehrt worden sei. „Selbst wenn es Verfahrensverstöße gegeben hat“, so dagegen Amtsrichter Siegfried Hübner in seiner Urteilsbegründung, „wäre eine Verwertung nicht unzulässig“.

Alpha Z. war am 13. Oktober 2001 eigentlich wegen eines Gerangels mit einem S-Bahnsheriff nach einer Fahrkartenkontrolle zur Wache 11 am Steindamm gebracht worden. Erst da kam der Verdacht auf, er könne Dealer sein, nachdem eine Crack-Kugel im Mund aufgetaucht war und Z. sie ausgespuckt hatte. Ohne ihm den meuen Tatverdacht mitzuteilen oder seine Rechte vorzulesen, fuhren ihn sieben Polizisten in die Rechtsmedizin. „Es war der reine Brechmitteltourismus, jeder, der Zeit hatte, durfte mit“ rügt Thiel: „Das war menschenentwürdigend“. Dann sei Z. von einem Beamten in einem Nebenraum gebracht worden, wo er angeblich „freiwillig“ sieben Kugeln ausgespuckt haben soll. Z. behauptet, nach Gewaltandrohung.

Trotzdem wurde die Maßnahme fortgesetzt. Wieder umringt von allen sollte Z. nach der Version der Verteidigung nun zur Vorbereitung der Brechmittelvergabe Wasser trinken, dabei hielt ein Beamter eine Magensonde hoch. Thiel: „Die Drohung mit der Magensonde ist eine unzulässige Vernehmungsmethode und seelische Quälerei.“ Als eine Rechtsmedizinerin endlich eingetroffen sei, sei es „gegen alle Regeln der ärztlichen Kunst“ gleich zur Sache gegangen, um weitere 18 Kugeln zutage zu fördern: „Untersuchungen haben nicht stattgefunden, über Gefahren wurde nicht aufgeklärt“, rügt Thiel in seinem Plädoyer und fragt: „Wenn man all diese Verstöße zusammennimmt, soll das noch verfassungskonform gewesen sein?“ kva

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