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Zuwanderung: Letztes Gebot

Rot-Grün will Zuwanderungsgesetz retten und sucht den Konsens mit CDU-Ländern im Bundesrat. Grüne zu Zugeständnissen beim Familiennachzugsalter bereit. Schröder bearbeitet PDS

BERLIN taz ■ Das Zuwanderungsgesetz gibt’s jetzt im Winterschlussverkauf zum Sonderpreis. Nach monatelangem Streit machen SPD und Grüne der Union ein letztes Angebot. „Die Koalition hat sich geeinigt, noch einmal einen Schritt auf die Union zuzugehen“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth gestern in Berlin. Mit Zugeständnissen an die große Koalition in Brandenburg soll Ende März die Mehrheit im Bundesrat gesichert werden.

Bundeskanzler Gerhard Schröder versuchte bei einem persönlichen Gespräch mit PDS-Spitzenpolitikern, auch die rot-rot regierten Länder bei der Stange zu halten. Die PDS hatte mit einer Blockade durch die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Berlin gedroht, falls Rot-Grün zu weit auf die Union zugeht.

Wie gestern bekannt wurde, wollen SPD und Grüne das Zuwanderungsgesetz bereits vor der Abstimmung im Bundestag am Freitag so ändern, dass Brandenburgs CDU-Innenminister Jörg Schönbohm später im Bundesrat kaum noch Nein sagen kann. Unter anderem ist Rot-Grün offenbar bereit, Schönbohms Forderung zu erfüllen und das Familiennachzugsalter weiter abzusenken: „Es ist doch völlig klar, dass es ohne ‚12 Jahre‘ keinen Konsens geben kann mit Brandenburg“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, der taz. Bisher liegt das Nachzugsalter für Migrantenkinder bei 16 Jahren, im rot-grünen Gesetzentwurf sind 14 Jahre vorgesehen. Roth sagte dazu: „Man kann über Zahlen sprechen, wenn man Ermessensspielräume öffnet.“ Welche konkreten Angebote Rot-Grün bei anderen umstrittenen Themen wie dem Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung macht, wollte der Kanzler erst am Abend verkünden.

Schröder hatte die Spitzen der Koalitionsparteien am Morgen zu sich gebeten, um über das Zuwanderungsgesetz zu sprechen. Roth räumte danach ein, die Grünen seien „im Sinne der Sache“ zu weiteren Zugeständnissen bereit. „Im Kern“ bleibe das Zuwanderungsgesetz aber erhalten. Roth deutete an, dass es beim geplante Punktesystem für Zuwanderung ohne konkretes Jobangebot bleibe und der Anwerbestopp wie geplant aufgehoben werden soll. Wie es aus Koalitionskreisen hieß, soll es in der neuen Fassung des Gesetzes sogar eine Härtefallregelung für Flüchtlinge geben, die bisher nicht vorgesehen war.

Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) äußerte sich zurückhaltend zu den neuesten Angeboten. Es gebe bisher nichts als Ankündigungen, meinte Stoiber und betonte erneut, dass ein Konsens mit der Union nur erreicht werden könne, wenn alle im 16-Punkte-Katalog der Union niedergelegten Forderungen von der Koalition erfüllt würden.

Am Sonntagabend hatte Kanzler Schröder auch mit der PDS gesprochen. Konkrete Zusagen wie bei der Steuerreform habe er dabei nicht gemacht, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Vizeministerpräsident Helmut Holter der taz. Er unterstrich: „Uns geht es um inhaltliche Fragen im Zuwanderungsgesetz und nicht um irgendwelche Geschenke an die Bundesländer Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.“

LUKAS WALLRAFF

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