: Bremerhaven oben ohne
■ Karin Röpke soll Sozialsenatorin werden, niemand aus Bremerhaven. Die Fraktionsgeschäftsführerin der Bremer SPD wurde der Seestadt als Scherfs Favoritin vorgesetzt
Die Bremerhavener Genossen waren gestern wenig erfreut: Von wegen Vorschlagsrecht für die Nachfolgerin der verstorbenen Sozialsenatorin Hilde Adolf. Aus der Nordsee-Zeitung erfuhren sie, dass Karin Röpke, Fraktionsgeschäftsführerin der Bremer SPD, die „Wunschkandidatin“ von Bürgermeister Henning Scherf für den Posten sei. Bisher galt es als ungeschriebenes Gesetz, das Bremerhaven „einen Sitz“ im Senat bekomt.
Karin Röpke sei als mögliche Kandidatin seit einigen Tagen im Gespräch gewesen, so Siegfried Breuer, Bremerhavener SPD-Vizeparteichef. Aber die Personalie nun schon veröffentlicht zu sehen, „das hat uns überrascht“. Die Bremerhavener SPD muss nun versuchen, ihr Gesicht zu wahren. Breuer: „Ich lasse mich dadurch nicht unter Druck setzen.“ Die Bremerhavener SPD gehe nach wie vor davon aus, dass sie einen Vertreter ihrer Stadt in den Senat entsenden könne. Falls das nicht gelinge, sieht Breuer die Gefahr, dass die Seestädter auch in der nächsten Legislaturperiode übergangen werden.
Im Rathaus gab man sich geknickt. Die internen Abstimmungsverfahren würden aber, daran gebe es keinen Zweifel, kein anderes Ergebnis bringen. Senatssprecher Klaus Schloesser: „Die Bremerhavener räumen auch ein, dass sie niemanden haben.“ Karin Röpke sei „eine erstklassige Wahl“.
Dass Röpke trotz aller Grummelei aus der Seestadt ernsthaft Kandidatenkonkurrenz bekommt, ist unwahrscheinlich: Im Gespräch war zwar Melf Granz, Anwalt und jüngst gewählter ehrenamtlicher Fraktionsvorsitzender der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven. Einst war er Jugenddezernent – seine Leistungen dort machten ihn senatorabel, sagen viele in Bremerhaven. Aber Melf Granz will nicht: „Ich bin kein Kandidat. Jedenfalls nicht von mir aus.“
Karin Röpke, 1955 in Etelsen geboren, hat als „Diplomverwal-tungswirtin“ beim Bauressort in Bremen angefangen und war zunächst mit Grundstücks-Angelegenheiten und Naturschutz-Fragen befasst. In der Zeit von Eva-Maria Lemke-Schulte wurde sie aufgrund ihres Geschicks, politische Vorgänge mit der SPD abzustimmen, zur „persönlichen Referentin“. Nachdem das Bauressort an die CDU ging, wurde sie 1996 Geschäftsführerin der SPD-Fraktion.
Ins Gespräch als mögliche Nachfolgerin von Hilde Adolf kam Röpke vor einer Woche, nachdem die Wunsch-Kandidatin des Bürgermeisters, Ursula Engelen-Kefer, abgewunken hatte. „Für anderthalb Jahre bei schlechter Bezahlung“ – so ein SPD-Insider über den Senatorenjob – war es auch sonst schwierig, überregional Kandida-tinnen zu begeistern. Denn was nach der Wahl 2003 sein wird, das kann heute niemand sagen. Selbst wenn die Chance bestünde, eine volle Legislaturperiode weiter im Senat zu regieren, wären die sechs Jahre, die für Pensionsansprüche mindestens abgedient sein müssen, nicht erreicht.
Für Karin Röpke gab es nach ihren eigenen Angaben andere Probleme als die politische Unsicherheit, mit der „jeder leben muss, der sich auf dieser Ebene bewegt“. Aber ihr Lebenspartner habe vor einigen Monaten auf einen Geschäftsführerposten nach Düsseldorf gewechselt, da schränke ein politisches Regierungsamt die Freiheit ein, am Wochenende aus Bremen zu verschwinden. Seit ein paar Tagen sei sie sich aber sicher, dass sie es machen würde – wenn der Bermerhavener SPD-Parteivorstand ihr das Vertrauen dafür gebe. „Gegen einen Bremerhavener Kandidaten würde ich am 16. März nicht antreten“, also wenn der Landesparteitag das letzte Wort spricht. In die fachlichen Angelegenheiten des Arbeits- und Sozialressorts würde sie sich einarbeiten, räumt Röpke in aller Offenheit ein – „im Baubereich kenne ich mich gut aus“. Aber das Gedankenspiel einer Rochade im Senat – Christine Wischer übernimmt Hilde Adolfs Ressorts, Röpke Bau und Umweltschutz – birgt zu viele innerparteiliche Sprengsätze, als dass es ernsthaft erwogen würde. sgi/K.W.
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