: „Auch wer nix tut, ist abends fertig“
■ Jahresbericht 2002 des Rechnungshofes listet Dutzende von Beispielen über Haushalts-Verstöße auf. Der Vorwurf: Oft gibt es nicht einmal den Versuch, für Wirtschaftlichkeit zu sorgen.
Der Präsident des Rechnungshofes, Lothar Spielhoff, ein „anstrengender“ Mann, läßt sich nicht so leicht abbringen von seiner Auffassung über die Rolle des Rechnungshofes als vom Parlament eingesetzter Kontrollinstanz. Über den Haushaltsvollzug 2001, erklärte Spielhoff gestern bei der Vorlage des aktuellen Berichtes des Rechnungshofes, könne er nichts sagen. „Der Finanzsenator hat Erklärungen abgegeben, wie gut alles 2001 lief, aber die Zahlen für 2001 liegen noch nicht vor.“ Tatsächlich hatte Hartmut Perschau einen Tag vor dem Pressetermin des Rechnungshofes über das Jahr 2001 melden lassen: „Bremen auf Sanierungskurs.“
Die Zahlen liegen nur für das Jahr 2000 vor, und die sehen so aus: Es gab 1,08 Milliarden Mark „Betriebsverlust“, dazu kommen 826 Millionen Mark über Kredite finanzierte Investitionen, macht ein Defizit von 1,9 Milliarden Mark. Davon spendierte der Bund 1,6 Milliarden Mark „Sanierungshilfe“.
Mit einer kritischen Analyse des Standes der bremischen Sanierungs-erfolge hatte der Rechnungshof im vergangenen Herbst einen heftigen Streit mit dem Finanzsenator hervorgerufen, das will er dieses Jahr nicht wiederholen. Diesmal listet er hinter Dutzenden von Spiegelstrichen Verstöße des Senats gegen Haushalts-Vorschriften auf. Der Senat ist verpflichtet, für die „Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns“ zu sorgen, aber er bemüht sich oftmals nicht einmal, stellte der Rechnungshof fest.
Als Beispiel dafür ist der Verkauf des Siemens-Hochhauses dargestellt. Ausdrücklich hat der Senat eine Wirtschaftlichkeitsberechnung abgelehnt. Seit zwei Jahren bohrt der Rechnungshof nach und bekam mal keine Antwort, mal die Auskunft, der Verkaufspreis habe doch nicht unter dem Kaufpreis gelegen. Der Rechnungshof fühlt sich für dumm verkauft, denn die Immobilie ist leer gekauft und zusammen mit einem lukrativen Behörden-Mietvertrag über 30 Jahre verkauft worden.
Im Baubereich scheint das System zu haben: Die Baufirmen, die bei „Öffentlichen Ausschreibungen“ die günstigsten Angebote abgeben, werden bei „beschränkten Ausschreibungen“ oft nicht angesprochen. Ein anderes Beispiel: Beim Ausbau der Linie 4 sind Mehrkosten von einer halben Million Mark entstanden, weil der neue Straßenbahn-Vorstand den zweiten Bauabschnitt (Spitta-Allee – Leher Kreisel) mit den Schienen haben wollte, auf denen später einmal auch Regionalbahnen fahren sollen. Die können da aber gar nicht fahren, weil der erste Bauabschnitt (Kirchbachstraße/Spitta-Allee) nicht für die breiteren Wagen ausgelegt ist.
Dutzende kleinerer Beispiele gäbe es zu erzählen. Zum Beispiel das Überseemuseum: Zehn Besucher kämen im Durchschnitt täglich in die Schausammlung Übermaxx, die das Überseemuseum 100.000 Mark im Jahr kostet. Jeder Besucehr müsse das Gefühl haben, er störe die Aufsichtspersonen bei ihrer privaten Lektüre. Spielhoff sarkastisch: „Wer den ganzen Tag nichts tut, ist am Abend auch fix und fertig.“ Der Rat des Rechnungshofes: Sofort schließen, bis eine Lösung mit besserem Kosten-Nutzen-Verhältnis gefunden sei.
Der Rechnungshof sieht Anlass für folgende Rüge: „Wer sich keine Klarheit über die wirtschaftlichste Art seiner Aufgabenwahrnehmung verschafft, nimmt billigend in Kauf, dass eine unwirtschaftliche Maßnahme ausgeführt wird. Die Missachtung einer Norm, die ein wirtschaftliches Handeln der Verwaltung sicherstellen soll, bedeutet einen Gesetzesverstoß.“ Unwirtschaftliche Aufgabenerledigung würde zudem „dem Ziel zuwiderlaufen, den bremischen Haushalt zu sanieren“. K.W.
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