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Kampfziel: Stürzt diesen Mann!

Die USA planen Krieg gegen Saddam Hussein. Sie wollen den Regimewechsel erzwingen. Anlass könnte ihnen der Streit um UN-Inspektionen im Irak sein

von ERIC CHAUVISTRÉ

„Die Iraker werden so etwas nicht akzeptieren“, weiß der Pentagonchef schon jetzt. Und legt gleich nach. Noch bevor UN-Generalsekretär Kofi Annan kommende Woche den irakischen Außenminister empfängt, machte Donald Rumsfeld deutlich, wer hier die Regeln schreibt. „Wir brauchen sehr viel tiefgreifendere Inspektionen“, fordert er. Und: „Viel mehr Inspektoren“ müsse Irak zur Rüstungskontrolle ins Land lassen. Und: Natürlich dürfe Bagdad nicht kontrollieren, wann die Inspektoren kommen, wohin sie gehen und was sie tun dürfen. Wohin diese harte Linie führen soll, hat Außenminister Colin Powell, dem in Bushs Kabinett eigentlich die Rolle des Gemäßigten zugedacht ist, schon öffentlich ausgesprochen: Ziel der US-Politik sei ein „Regimewechsel“ im Irak.

Noch nicht öffentlich gefallen seitens der Bush-Administration ist das Wort „Invasion“. Eine solche will nicht nur militärisch, sondern vor allem diplomatisch gut vorbereitet sein. „Die Bush-Regierung wird zunächst einmal die Inspektionskarte spielen“, prophezeit deshalb Michael O'Hanlon, Mitarbeiter der einflussreichen Brookings Institution in Washington. Im Mai steht die Verlängerung der Sanktionen gegen Irak durch den UN-Sicherheitsrat an; Gelegenheit für Washington, auch offiziell immer höhere Forderungen an die irakische Führung zu stellen.

„Dann wird es eine Bodeninvasion geben“, davon ist nicht nur O'Hanlon überzeugt; ganz egal, ob die europäischen Verbündeten zustimmen oder nicht. Ein riesiges Invasionsheer werden die USA diesmal nicht zusammenziehen. Statt wie vor elf Jahren rund eine halbe Million Soldaten aufzubieten, dürften sich die Pentagonplaner diesmal mit einem Zehntel oder einem Fünftel davon zufrieden geben.

Das hat gute Gründe und Vorteile. Die Zeit für den Aufmarsch wird sehr viel kürzer sein als vor elf Jahren. Der größte Teil des Materials ist längst in der Nähe des Kriegsgebiets. Durch das nach dem Irakkrieg von 1991 systematisch aufgebaute prepositioning lagert ein Teil der schweren Ausrüstung bereits in Kuwait, das übrige Kriegsgerät kann von dem US-Stützpunkt auf Diego Garcia im Indischen Ozean herangeschafft werden. Dort werden gerade auch die Flugbenzinlager aufgefüllt. Zwischen April und September soll, so berichten Frachtmakler, auf dem US-Stützpunkt eine außergewöhnlich umfangreiche Bestellung für Treibstoff eintreffen. Fehlen nur noch die Soldaten. Die können direkt aus den USA eingeflogen werden, wenn nötig auch mit gecharterten Maschinen kommerzieller Fluggesellschaften. In zwei bis drei Wochen wäre der Aufmarsch erledigt.

Auch die unterstützenden Bombardements für die Invasion benötigen keine lange Vorbereitungszeit. Schon im Kosovokrieg flogen die USA vieleEinsätze von Stützpunkten in den USA aus; ohne Zwischenstopp. Und auch die schweren Bomber mit Ziel Afghanistan kamen zu einem großen Teil direkt vom amerikanischen Festland. Für kleinere Luftangriffe stiegen Kampfflugzeuge von Flugzeugträgern im Indischen Ozean auf. „Natürlich hätten die USA für einen Irakkrieg gern Stützpunkte in der Türkei oder in den Golfstaaten“, meint der Washingtoner Rüstungsforscher John Pike, „aber sie können es auch ohne Stützpunkte in der Region.“

Selbst wenn Vizepräsident Dick Cheney die Nachbarstaaten Iraks bei seiner für Mitte März geplanten Rundreise nicht mit Hilfe von Rüstungslieferungen oder finanziellen Anreizen überzeugen sollte, kann die Invasion also stattfinden. Zur Not reicht den US-Streitkräften auch das treu ergebene Kuwait als Aufmarschgebiet. Dort finden seit 1993 die so genannten Iris-Gold-Manöver statt; in diesem Jahr unter Beteiligung deutscher Fuchspanzer inklusive Bundeswehrbesatzung.

Sollten sich irakische Truppen während der Aufmarschphase in dem Gebiet zwischen Kuwait und Bagdad konzentrieren, wird der Weg erst einmal freigebombt. „Die USA werden im Grunde eine Fahrverbotszone deklarieren“, meint Pike: Auf die no fly zone, folgt die no drive zone. Durch jahrelange regelmäßige Luftangriffe, zuletzt wieder am Donnerstag, gegen die von den USA und Großbritannien eigenmächtig erklärten Flugverbotszonen im Norden und Süden des Irak ist die irakische Luftabwehr schon so geschwächt, dass wochenlange Bombardements wie im Kosovokrieg und beim Golfkrieg 1991 eher unwahrscheinlich sind. „Wir haben 30 Prozent von Saddams Luftverteidigung bereits zerstört“, brüstete sich General Anthony Zinni, damals Befehlshaber der US-Truppen im Nahen Osten, schon vor zwei Jahren. „Wir haben es politisch sehr geschickt getan. Ohne Aufsehen. Niemand bemerkt es.“

Gerade in der frühen Phase des Angriffs werden auch wieder Spezialeinheiten im Einsatz sein; zum Markieren von Bombenzielen und zur Sabotage. Für die besonders unauffälligen Aktionen sind jedoch die Kollegen von der CIA zuständig. Und die, davon gehen informierte Beobachter aus, sind längst im Land aktiv. Die US-Geheimdienstler kennen sich schließlich im Irak bestens aus.

Bereits 1996 versuchte die CIA einen Putsch gegen Saddam Hussein zu initiieren. Auf einen Umsturz durch die irakischen Militärs setzt die US-Regierung auch jetzt wieder als Nachkriegslösung: Ein autokratisch herrschender General wäre den USA als Nachfolger Husseins am liebsten. Denn mindestens einer der Gründe für die Entscheidung der USA, 1991 nicht bis nach Bagdad vorzurücken, bleibt bestehen: die Befürchtung, es könnte zu einer kurdischen Abspaltung im Norden und einer schiitischen im Süden kommen. Dagegen stünden schon die Interessen der engsten US-Verbündeten in der Region: Die Türkei will keinen kurdischen Staat, Saudi-Arabien will neben Iran keinen schiitischen Staat. Aber auch die USA wollen nicht, dass durch einen Zerfall Iraks dessen Nachbar Iran – nach Bush schließlich auch ein Teil der „Achse des Bösen“ – die stärkste militärische Macht in der Region wird.

Ein weiterer Grund für einen Halt der US-Truppen auf halbem Wege nach Bagdad ist allerdings entfallen. Denn damals stimmten nur 52 von 100 Senatoren für den Krieg gegen Irak. Die knappste Mehrheit, mit der je ein US-Präsident Krieg führte. „Wären wir weiter gegangen und hätte dies in einem Fiasko geendet“, erinnerte der damalige stellvertretende Pentagonchef Paul Wolfowitz vor einigen Tagen, „dann hätten die anderen Senatoren gesagt, wir hätten das Mandat überschritten.“ Auch heute ist Wolfowitz, der in Bushs Kabinett den stärksten Kriegsbefürworter mimt, wieder Vizeverteidigungsminister. Und er weiß, dass es diesmal einfacher wird: Es gibt keine Opposition im US-Senat, die den Präsidenten von einer Invasion abhalten wollte.

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