: Wildschaden unter Wasser
■ Mit behördlichem Segen schießt Jäger Schwäne in Wilhelmsburg ab. Nabu: Völlig unnötige Aktion
In Wilhelmsburg sind seit Anfang des Jahres vier Schwäne und eine Graugans abgeschossen worden. Dem Umweltverband Nabu gegenüber rechtfertigte sich der Jäger mit einer schriftlichen Genehmigung der Obersten Jagdbehörde. Die UmwelschützerInnen kritisieren das Töten der Vögel als unnötig und von daher nicht zu rechtferigen. Der umweltpolitische Sprecher der GAL-Fraktion in der Bürgerschaft, Christian Maaß, hat den Senat in einer Kleinen Anfrage um Aufklärung gebeten.
Mehr als 30 unberingte, wilde Höckerschwäne tummeln sich seit einiger Zeit auf einem Rapsfeld in Obergeorgswerder. Nach den schweren Regenfällen der vergangenen Wochen hatte sich dort ein regelrechter See gebildet. Um weitere Wildschäden durch die dümpelnden Schwäne zu verhindern, hatte die Oberste Jagdbehörde die Schonzeit für Höckerschwäne und Graugänse im Jagdbezirk Wilhelmsburg bis Ende Februar 2002 aufgehoben.
Eigentlich unterliegen Schwäne nach Landesrecht einer ganzjährigen Schonzeit. Lediglich in Ausnahmefällen dürfen warmblütige Wirbeltiere nach dem Bundesjagdgesetz geschossen werden. Dazu muss allerdings ein unabhängiger Sachverständiger einen übermäßigen Wildschaden feststellen. Außerdem sollen die Naturschutzverbände in solchen Fällen gehört werden. Auch bei Wildschäden dürfen die Tiere nur dann getötet werden, wenn alle anderen Mittel nichts gebracht haben.
Im vorliegenden Fall stellt sich jedoch die Frage, ob auf dem völlig überschwemmten Feld überhaupt ein großer Schaden entstanden sein kann. „Nach meinem Dafürhalten ist der Abschuss unrechtmäßig“, sagt Eberhard Schneider, Präsident des Vogelschutz-Komitees mit Sitz in Göttingen. Die Naturschutzverbände seien nicht gehört worden, der Jagdbeirat auch nicht.
Mitte vergangener Woche paddelten die Schwäne noch immer auf dem Acker herum. Der Abschuss der Vögel hat von daher nichts „geholfen“. Schneider, selbst Jäger, weiß aus Erfahrung: „Damit erreicht man überhaupt nichts.“ 34 Tiere hat Günther Rupnow vom Nabu noch gezählt. Den Jäger versteht er nicht: „Er hätte von Anfang an eine Vergrämungsjagd mit Schreckschuss machen können, wie es in Schleswig-Holstein praktiziert wird.“ Schneider behält sich unter Verweis auf Naturschutzgesetz und Jagdrecht juristische Schritte vor, einschließlich einer Dienstaufsichtsbeschwerde.
Die Pressestelle der Wirtschaftsbehörde wollte sich zu dem Fall unter Verweis auf die noch nicht beantwortete Kleine Anfrage der GAL nicht äußern. Angela Dietz
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