piwik no script img

Kopftuch runter

Muslimische Pädagogin unterliegt im Rechtsstreit mit Niedersachsens Schulbehörde. Beide Seiten hatten einen Kompromiss abgelehnt

LÜNEBURG taz ■ Vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg ist gestern der Versuch gescheitert, einen Streit um das Kopftuchtragen in der Schule mit einem Vergleich zu beenden. Das Gericht hatte vorgeschlagen, dass die islamische Lehrerin Iymen Alzayed ihr Kopftuch im Lehrerzimmer, nicht aber in der Klasse, tragen dürfe. Sowohl das niedersächsische Kultusministerium als auch die Lehrerin lehnten dies ab. Damit setzte sich in der Konsequenz des Urteils das Land Niedersachsen in zweiter Instanz gegen Iymen Alzayed durch: Muslimische Lehrerinnen dürfen in Niedersachsen im Unterricht kein Kopftuch mehr tragen.

Noch im Oktober 2000 hatte das Verwaltungsgericht Lüneburg das Land Niedersachsen zunächst dazu verpflichtet, die muslimische Lehrerin trotz ihres Kopftuches einzustellen. Das ständige Tragen eines Kopftuches auch im Unterricht sei allein kein Eignungsmangel, erklärten die Richter damals ihr Urteil. Dieses Urteil hatte die Schulbehörde Lüneburg nicht hinnehmen wollen und deshalb Berufung eingelegt. Ihrer Ansicht nach verstößt das Kopftuch bei einer Lehrerin gegen das Gebot der Neutralität bei Beamten im Dienst.

In einem vergleichbaren Fall in Baden-Württemberg hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bereits im Juni 2001 ähnlich entschieden. Das Land Baden-Württemberg musste die Kopftuch tragende Lehrerin Fereshta Ludin nicht als Beamtin auf Probe einstellen. Die Mannheimer Richter räumten in ihrer Urteilsbegründung der Neutralitätspflicht einer Beamtin den Vorrang vor ihrem Grundrecht auf Glaubensfreiheit ein. Allerdings ließen die Richter wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Schiedsspruches eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zu. Mit einer Entscheidung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin wird im Falle Ludin für Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres gerechnet. Der Kopftuchstreit könnte danach noch letztinstanzlich vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden werden, was wiederum Auswirkungen auf den Fall Alzayed haben könnte. Die islamischen Dachverbände in Deutschland unterstützen den Versuch, das Recht auf das Kopfuch zu erstreiten.

YASSIN MUSHARBASH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen