Kommentar: Recht pervers
■ Warum die CDU gegen den Geist der Bürgerentscheide verstößt
Die Altonaer CDU wirft den Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen die Wiederöffnung der Stresemannstraße vor, „trickreich eine Gesetzeslücke auszunutzen“ – und dabei verkehrt sie selbst die Absicht des Gesetzes über Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in ihr Gegenteil.
Die Möglichkeit, dass eine Bezirksversammlung das Anliegen eines Bürgerbegehrens übernehmen kann, war in der Tat geschaffen worden, um das Verfahren abzukürzen und unnötigen Aufwand zu vermeiden. Das sollte allerdings im Sinne der Bürgerinitiativen geschehen und nicht, um ihnen den Wind aus den Segeln nehmen. Schließlich kostet jede Wahl und auch der Wahlkampf Geld.
Die CDU will jetzt ausnutzen, was im Grunde ein sehr starkes Argument für die Volksgesetzgebung ist, dass nämlich ein direktes Bürgervotum bei entsprechendem Ausgang ein sehr viel höheres politisches Gewicht haben kann als der Beschluss einer Bezirksversammlung. Davor hat die CDU-FDP-Schill-Koalition in der Bürgerschaft aus gutem Grund Angst: Denn der Stresemannstraßen-Initiative war es in kürzester Zeit gelungen, viele Unterschriften für ihr Bürgerbegehren zu sammeln: Schon nach drei Wochen hatte sie 2500 beisammen, was den Bezirk zur Auslegung ihrer Listen verpflichtete.
In Altona bestehen gute Aussichten, dass bei dem stark emotional besetzten Thema viele Menschen gegen Bausenator Mario Mettbachs (Schill-Partei) Ausbaupläne stimmen würden. Davor will die Bezirks-CDU ihren Senat bewahren – auch wenn es sie ihren Ruf kostet.
Gernot Knödler
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