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Attentate belasten Zinnis Mission

Nach zwei Selbstmordanschlägen rücken Panzer erneut ins Zentrum Bethlehems vor. Ein Treffen zwischen Israelis, Palästinensern und dem US-Gesandten Zinni kommt nicht zustande. Die bilateralen Gespräche gehen weiter

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Widersprüchliche Mitteilungen aus dem Büro des israelischen Premierministers Ariel Scharon haben am Wochenende für Verwirrung gesorgt. Ein zunächst für gestern geplantes trilaterales Treffen zwischen Israelis, Palästinensern und dem US-Sondergesandten Anthony Zinni wurde schon eine Stunde nach der Ankündigung wieder abgesagt. Die Palästinenser waren nach eigenen Aussagen über die Begegnung nicht informiert gewesen. Die Verhandlungen hätten zum Ziel gehabt, ein Abkommen über einen Waffenstillstand zwischen Israel und den Palästinensern zu erreichen.

Nach zwei relativ ruhigen Tagen eröffnete in der nordöstlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Kfar Saba am Mittag ein Attentäter das Feuer auf Passanten, tötete eine Frau und verletzte neun weitere Menschen. Der palästinensische Angreifer wurde nach heftigen Gefechten von Polizisten niedergeschossen. In Jerusalem zündete ein Selbstmordattentäter den an seinem Körper befestigten Sprengstoff, wobei jedoch außer ihm selbst niemand verletzt wurde. Höchste Alarmstufe galt bereits am Vormittag für den Norden Israels, wo zahlreiche Schulen geschlossen blieben.

Der Rückzieher der Israelis von dem geplanten trilateralen Treffen folgte der Weigerung auf palästinensischer Seite, Gespräche mit der Gegenseite aufzunehmen, solange nicht alle in der Autonomiezone stationierten Soldaten abgezogen sind. Erst Ende vergangener Woche hatten sich die Truppen nach scharfer internationaler Kritik weitgehend aus dem Autonomiegebiet zurückgezogen. Gestern Mittag stieß die israelische Armee jedoch erneut mit Panzern ins Zentrum der Stadt Bethlehem vor. Bei Gefechten starb mindestens ein Palästinenser.

Israel ist zu einem Abzug erst dann bereit, wenn die Palästinenser entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben und garantieren können, dass von den fraglichen Gebieten aus keine feindlichen Übergriffe mehr unternommen werden. Die Palästinenser schlugen vor, zunächst eine Reihe von von Treffen der regionalen Kommandaten abzuhalten, um so den schrittweisen Rückzug zu ermöglichen.

Selbst wenn eine Einigung über einen Waffenstillstand erreicht wird, so schränkte Scharon bereits im Vorfeld an, werde Israel an seinem Recht festhalten, auf „Terroranschläge entsprechend zu reagieren“. Damit ist ein Scheitern der Mission des US-Sondergesandten Anthony Zinni praktisch vorprogrammiert. Nicht nur Israel, sondern auch inoffizielle palästinensische Berichte sprechen Palästinenserführer Jassir Arafat ab, derzeit noch volle Kontrolle über die Widerstandsbewegungen zu haben. Im Gegensatz zu Scharon hatte Außenminister Schimon Peres am Vorabend erklärt, dass Israel auch im Fall neuer Attentate Zurückhaltung üben wolle. Die Regierung habe einzig über eine Fortsetzung der Exekutionen von „tickenden Zeitbomben“ – Terroristen, die auf dem Weg zu ihrem Einsatz sind – entschieden.

Bei den bisherigen Gesprächen zwischen den Palästinensern und Zinni, der am Abend erneut mit Arafat zusammenkommen wollte, ist unter anderem der Einsatz internationaler Beobachter angesprochen worden. Parlamentspräsident Abu Ala berichtete gegenüber der führungsnahen Tageszeitung Al Ajam, man sei in dieser Frage „prinzipiell einig geworden“. Zinni habe allerdings um einen konkreten Vorschlag mit der genauen Zahl der Beobachter und deren Aufgabenbereich gebeten. Israel signalisierte in dieser Frage Kompromissbereitschaft.

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