piwik no script img

Rosarote Entscheidung

■ Die Bezirksversammlung Mitte segnet CSD-Party mit Stimmen der SPD ab. CDU macht gegen den Bauwagenplatz Bambule mobil

Der Christopher Street Day (CSD) wird am 8./9. Juni doch auf dem Jungfernstieg und dem Ballindamm stattfinden können. Das hat die Bezirksversammlung Mitte gestern Abend mit den Stimmen von GAL und SPD beschlossen. Bei der Bürgerfragestunde zu Sitzungsbeginn wurde weiterhin deutlich, dass CDU, SPD und Schill-Partei nach wie vor einen Abriss der Terrassenhäuser Talstraße 67 befürworten. Den Bewohnern des Bauwagenplatzes Bambule im Karoviertel gegenüber verwies der stellvertretende CDU-Vorsitzende Henning Finck darauf, dass seine Partei schon immer für eine Auflösung des Platzes plädiert habe.

Der Beschluss zum CSD wurde möglich, weil die SPD ihre zunächst ablehnende Haltung revidiert hat. Sie will jetzt den Ballindamm halbseitig freigeben. Jörg Hamann von der CDU verwies darauf, dass alle Fraktionen eine übermäßige Nutzung der Innenstadt durch Großveranstaltungen vermeiden wollten, um dem Handel Einbußen zu ersparen. Claudius Lieven von der GAL wies darauf hin, dass der Veranstalter Big Spender Geld für Aidshilfe-Projekte sammle und sich auf dem CSD viele nicht kommerzielle Schwulen-/Lesben-Gruppen präsentierten.

Zur Talstraße 67 wurden die bekannten Argumente ausgetauscht: Zwei Gutachten hätten ergeben, dass eine Sanierung zu teuer sei, sagte Grete Kleist von der SPD. Nachdem Adrian Winnefeld von Mieter helfen Mietern als Kompromiss vorgeschlagen hatte, wenigstens eines der Terrassenhäuser zu erhalten, hielt es SPD-Fraktionschef Klaus-Hinrich Fock für angezeigt, Standfestigkeit zu demonstrieren: „CDU und SPD stehen nicht für einen Kompromiss zur Verfügung.“ Stattdessen wolle man neu bauen lassen und dafür „eine grüne Oase schaffen“ – eine Behauptung, die bei anwesenden Bewohnern auf Gelächter stieß.

Zum Thema Bambule warf Lieven der CDU Scharfmacherei vor: „Warum suchen Sie nicht zuerst das Gespräch mit den Betroffenen und tönen stattdessen von möglichem Widerstand“, wollte er von seinem CDU-Kollegen Finck wissen. Einem Bezirksabgeordneten stehe es im Übrigen nicht zu, Lebensformen für ungeeignet zu erklären, wie Finck das getan habe. Gegen den Vorwurf, es sei schlechter Stil, nicht zuerst mit den Bauwagenbewohnern zu sprechen, wehrte sich Finck mit dem Gegenvorwurf, „vielleicht ist es auch ein schlechter Stil, sich mit Leuten, die öffentlichen Grund fremd nutzen, zu solidarisieren“. Die Bezirksversammlung dauerte zu Redaktionsschluss noch an. Gernot Knödler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen