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Halbgott in Weiß doppelt entlohnt

Ärztefunktionär der Kassenärztlichen Vereinigung in Bremen ließ sich sein Engagement zweifach bezahlen. Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue und Betrugs. Justitiarin hatte den Vorgang bemerkt und wurde gefeuert

BREMEN taz ■ Ein Ärztefunktionär der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Bremen hat sich für die „Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände“ engagiert – und dafür zweifach abkassiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen die KV-Spitze wegen Betrugs und Untreue. Unter dem Druck der Vorwürfe haben die beiden KV-Vorsitzenden für April bereits ihren Rücktritt angekündigt.

Der Verdacht der Begünstigung trifft den stellvertretenden Vorsitzenden der Bremer KV, den bundesweit bekannten Ärztefunktionär Jörg-Andreas Rüggeberg. Der ambulante Chirurg ist auch Präsident der „Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände“ (GfB) und repräsentiert damit etwa 100.000 Fachärzte in Deutschland. Für sein Engagement bei der GfB ließ er sich allerdings doppelt entlohnen. Er ließ sich für seine Praxis ein höheres Budget zuteilen, um in seiner Praxis mehr ärztliche Leistungen abrechnen zu können, als ihm eigentlich zustanden.

Rüggeberg hatte im Jahr 2000, als er selbst noch Vorsitzender des Zulassungsausschusses in Bremen war, einen Beschluss zu seinen Gunsten erwirkt: Seiner Praxis wurden eine Million Abrechnungspunkte mehr zugestanden, als bundesweite Richtlinien vorschreiben. In jeder Praxis können Ärzte nur innerhalb eines bestimmten Punktekontingents ihre Arbeit abrechnen, darüber hinaus bloß mit Abschlägen. Durch das größere Kontingent konnte sich Rüggeberg einen Gewinn bis zu einer sechsstelligen Eurosumme sichern. Die Begründung für den Vorteil: Rüggebergs Engagement an der Spitze der GfB.

Noch im Februar 2002 hatte Rüggeberg zur Rechtfertigung seines Verhaltens vorgetragen, die „Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände“ zahle ihm „keine Entschädigung“ für sein berufspolitisches Engagement.

Diese Aussage ist offenbar nicht wahr. Der taz liegt ein vertrauliches Protokoll der „Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände“ vom 8. 12. 2000 vor, in dem es unter Top 7 heißt: „Der Präsident [Rüggeberg, d. Red.] trägt vor, dass die Aufwandsentschädigung für den Präsidenten von DM 1.000 gering und in der Außenwirkung ungünstig sei.“ Die GfB-Spitze hatte daraufhin beschlossen, „für die laufende Amtsperiode eine personengebundene Aufwandsentschädigung von DM 4.500 zu genehmigen“. Eine ausdrückliche „Lex Rüggeberg“ also, durch die er für sein Engagement doppelt belohnt wird.

Die Ärztevertreter in der KV bis hin zur Präsidentin der Ärztekammer sahen zunächst kein rügenswertes Verhalten. Im Herbst des vergangenen Jahres schließlich stellte die staatliche Aufsichtsbehörde fest: Die Vorteilsnahme war „rechtswidrig“. Daraufhin wurde der frühere Bremer Verwaltungsgerichtspräsident Alfred Kuhlmann mit einer internen Untersuchung beauftragt. Seine Kommission kam zum gleichen Ergebnis: Für das „rechtswidrige“ Verhalten seien die KV-Spitze und der Geschäftsführer verantwortlich. Kuhlmann sagte, besonders „betroffen“ mache ihn die Einstellung Rüggebergs, dass er sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen könne, weil er standespolitisch tätig sei.

Die Justitiarin der Bremer Kassenärztlichen Vereinigung, die intern schon früh auf diesen rechtswidrigen Vorgang hingewiesen hatte, wurde drei Tage später fristlos entlassen. Dagegen ging sie vor. Seit einem Jahr muss sie sich gerichtlich gegen eine Serie von Rausschmissversuchen zur Wehr setzen.

KLAUS WOLSCHNER

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