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Ableser sind immer in Eile

Mietrecht: Heizkosten sind verbrauchsabhängig abzurechnen. Beim Ablesen von Heizröhrchen geht alles sehr schnell. Deshalb sollten Mieter die Verdunster zum Vergleich selbst ablesen. Reklamationen zur Abrechnung sind an den Vermieter zu richten

Bald stapfen sie wieder durch unsere zentralbeheizten Wohnungen: Die Männer und Frauen der Messdienstfirmen, die vor allen Heizkörpern in die Knie gehen, um die kleinen Verdunstungsröhrchen abzulesen. Doch sind sie erst in der Wohnung, geht alles sehr rasch. Damit der Mieter später bei der Abrechnung dann keine böse Überraschung erlebt, sollte man vorher wissen, worauf es dabei rechtlich ankommt.

Die Heizkostenverordnung schreibt vor, Heizkosten in Mehrfamilienhäusern verbrauchsabhängig abzurechnen, laut Heizkostenverordnung zu mindestens 50, höchstens 70 Prozent der Gesamtkosten. Die restlichen 30 bis 50 Prozent werden nach einem festen Maßstab – meist nach Größe der Wohnung – auf die Mieter verteilt. Das macht Sinn: Viele Mieter werden nur dann Energie sparen, wenn sie die Kosten zumindest teilweise beeinflussen können. Ausnahmen von der verbrauchsabhängigen Abrechnung sind nur dann erlaubt, wenn die Verbrauchserfassung technisch nicht möglich ist oder unwirtschaftlich wäre. Ebenfalls ausgenommen sind beispielsweise Wohnungen, in denen die Mieter den Wärmeverbrauch überhaupt nicht beeinflussen können, sowie Wohnheime.

Um den Verbrauch zu erfassen, sind vor allem die thermometerähnlichen Verdunstungsröhrchen weit verbreitet, die – oben offen und mit einer Spezialflüssigkeit gefüllt – am Heizkörper montiert werden. Auf dem Markt sind allerdings auch elektronische Heizkostenableser, die man aus Kostengründen in Mietwohnungen allerdings kaum finden wird.

Entsprechend der Wärmeabgabe des Heizkörpers verdunstet die Flüssigkeit in den herkömmlichen Röhrchen, und die verbliebene Menge wird einmal jährlich abgelesen. Damit der Heizkostenverteiler richtig arbeitet, muss er etwas über der Mitte des Heizkörpers – genauer: in einer Höhe von etwa 75 Prozent, gemessen von der Unterkante – montiert sein. Sitzt er zu hoch, verdunstet die Flüssigkeit schneller.

Die Röhrchen messen allerdings nicht die tatsächlich physikalisch verbrauchte Wärmemenge, sondern zeigen den Grad der Nutzung eines Heizkörpers im Vergleich zur gesamten Anlage. Deshalb ist es auch nicht möglich, im Vorhinein zu sagen, wie viel „ein Strich Verdunstung“ kostet. Die Kosten werden später erst mit der Abrechnung aufgeschlüsselt.

Den Ablesetermin müssen der Vermieter oder die Messdienstfirma zehn bis vierzehn Tage vorher schriftlich ankündigen. Dies geschieht meist mittels eines Kärtchens im Briefkasten, aber auch ein allgemeiner Aushang im Treppenhaus ist üblich. Der Mieter ist verpflichtet, den Mitarbeiter der Messdienstfirma in die Wohnung zu lassen.

Wer den genannten Termin nicht einhalten kann, sollte unverzüglich die Firma anrufen und einen anderen vereinbaren. Dafür darf dem Mieter keine gesonderte Rechnung präsentiert werden, wie das Landgericht München I beschloss: Die Praxis einer Wärmemessdienstfirma, für die jährliche Ablesung der Heizkostenverteiler nur einen Sammeltermin anzubieten und die Kosten eines individuellen zweiten Termins direkt dem Mieter in Rechnung zu stellen, wurde untersagt (Aktenzeichen 12 O 7987/00). Der Mieter werde anderenfalls praktisch zu einer Sonderzahlung verpflichtet, wenn er den festgesetzten Sammeltermin versäume. Nach der Heizkostenverordnung sei „der Mieter aber lediglich verpflichtet, das Ablesen der Erfassungssysteme in seiner Wohnung zu dulden und die Kosten dafür an den Vermieter zu zahlen“, kommentiert der Deutsche Mieterbund (DMB). Es gebe schließlich zahlreiche Gründe – wie Urlaub, Krankheit oder unaufschiebbare Termine –, die es unmöglich machen können, den ersten Termin wahrzunehmen, ohne dass den Mieter ein Verschulden treffe.

Ist der Mitarbeiter erst in der Wohnung, geht alles sehr schnell. Um Überraschungen zu vermeiden, sollte der Mieter am Tag zuvor die Werte an den Skalen in aller Ruhe notieren, rät der Deutsche Mieterbund. Abgelesen wird im Uhrzeigersinn: Der erste Heizkörper links von der Wohnungstür ist die Nummer 1, dann geht es immer an der Wand entlang durch alle Zimmer von Heizung zu Heizung, bis man wieder an der Wohnungstür angekommen ist. Abgelesen wird am tiefsten Punkt des etwas gewölbten Flüssigkeitsspiegels. Scheuen Sie nicht den Vergleich Ihrer abgelesenen Werte mit denen des Firmenmitarbeiters. Der ist zwar erfahrungsgemäß immer in Eile, aber das sollte das Problem des Mieters nicht sein. Erkennen Sie eklatante Abweichungen, verweigern Sie Ihre Unterschrift auf dem Protokoll und machen Sie einen Vermerk. Akzeptieren Sie keine Schätzungen.

Kontrollieren Sie auch die neu eingebauten Röhrchen: Sie haben eine andere Farbe und müssen bis über den Nullstrich hinaus gefüllt sein, denn die Flüssigkeit verdunstet – allerdings sehr wenig – auch bei normaler Raumtemperatur sowie im Sommer, wenn nicht geheizt wird.

Achtung: Heizkörperverkleidungen behindern die Wärmeabstrahlung zum Zimmer hin ebenso wie lange Gardinen und Möbel oder Kästen. Der Wärmestau führt dazu, dass die Flüssigkeit in den Röhrchen stark verdunstet, obwohl es im Zimmer vielleicht noch gar nicht richtig warm ist. Die Heizung wird weiter aufgedreht, womit auch die Hitze hinter der Verkleidung oder dem Vorhang steigt, mithin die Flüssigkeit stärker verdunstet. Hohe Heizkostenabrechnungen sind die Folge.

Der Ableser ist verpflichtet, dem Mieter eine Kopie des Ableseprotokolls zu geben. Etwaige Reklamationen zur Heizkostenabrechnung müssen grundsätzlich an den Vermieter gerichtet werden. Er ist Ihr Vertragspartner, der seinerseits die Messdienstfirma beauftragt. Beschädigte Heizkostenverteiler sind ein Mangel an der Wohnung. Informieren Sie sofort Ihren Vermieter.

Der Deutsche Mieterbund weist darauf hin, dass die Kosten der Ablesung Bestandteil der späteren Heizkostenabrechnung sein müssen: „Der Ableser darf nicht beim Mieter kassieren.“ ANDREAS LOHSE

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