: Queen rockt Kaiserreich
■ Der HSV minimiert durch ein torloses Remis die Chancen des FC Bayern auf eine erfolgreiche Titelverteidigung
Als Eric Meijer das Aufwärmtraining beendete, bewegte er in Freddie-Mercury-Manier seine Kauleisten. Aus den Boxen dröhnte der Queen-Klassiker „We will rock you“, und Meijer intonierte lautstark dessen eingängigen Refrain. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck erschien der HSV-Stürmer später im Arbeitsdress und ließ keinen Zweifel daran, wen er rocken wollte: die Titelverteidiger aus München. Eine erneute Bayern-Party verhinderte Meijer nicht nur mit gelungenen Dribblings und Flanken, sondern beinahe auch mit seinem vierten Saisontreffer. Nur wenige Zentimeter lagen in der 21. Minute zwischen Ball und rechtem Pfosten, was weniger berichtenswert ist, als die spitzfindige Vorbereitung dieser Chance. Nach der Ballannahme mit der Brust zirkelte Meijer das Leder im Strafraum über einen Gegenspieler, zog am nächsten vorbei und wurde für diese sehenswerte Einlage dennoch nicht belohnt.
Eine Szene, die das Spiel in seiner gesamten verhinderten Vollendung zeigte, weil letztlich jeder Seite der Torjubel verwehrt blieb. Sportchef Holger Hieronymus erklärte dennoch zufrieden, dass „in Hamburg die Meisterschaft mitentschieden wird“. Mit dem Beckenbauer-Club gastierte nämlich das erste der drei führenden Teams des Klassements im Volkspark, und im Gegensatz zum Vorjahr wird dem Kaiser-Team das Remis kaum zur Titelverteidigung reichen. Entsprechend aufgekratzt waren die Hitzfeldeure und selbst Thorsten Fink kläffte einen Reporter an, als dieser nach Abpfiff um einen O-Ton bat. Uli Hoeness nahm lieber den Rasen in die Verantwortung: „Der ist eine Katastrophe und lässt gute Chancen nicht zu“, reflektierte der vergrätzte Bayern-Manager.
Ausreden dieser Preisklasse brauchte HSV-Trainer Kurt Jara nicht zu suchen. „Die ganze Mannschaft hat hervorragend gespielt“, befand er, „auch Marcel Maltritz“. Dieser war für den verletzten Raphael Wicky im halbrechten defensiven Mittelfeld tätig und minimierte den Aktionsradius von Stefan Effenberg nach Kräften. Ähnliches wird er vermutlich in den kommenden Partien häufiger tun dürfen. Coach Jara betont zwar, dass bei ihm „keiner gesetzt ist“, doch wird zunächst an Maltritz, wie auch an Eric Meijer kein Weg vorbeiführen.
Nach überstandener Leistenoperation überzeugte der Stürmer, nachdem Jara ihn überraschend für Roy Präger aufgeboten hatte. Und wie man den kantigen Holländer so kennt, wird er in den verbleibenden fünf Partien alles daran setzen andere Luxusgäste wie Dortmund und Leverkusen ordentlich zu rocken. Marcus Vogt
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