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Pfarrer unterliegt im Rechtsstreit um Kirchenasyl

■ Oberlandesgericht: Gewissenskonflikt rechtfertigt nicht Gesetzesverstoß

In dritter und letzter Instanz hat ein katholischer Pfarrer aus dem emsländischen Papenburg seinen Rechtsstreit um Kirchenasyl für eine von Abschiebung bedrohte kurdische Familie verloren.

Der erste Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat in einem am Dienstag veröffentlichten Revisions-Beschluss die Forderung des 61-Jährigen nach einem Freispruch für seine Gewissensentscheidung zurückgewiesen (Aktenzeichen: SS 52/02). Wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz bleibt er damit zu einer Geldstrafe von 2.045 Euro verurteilt.

Ein Gewissenskonflikt sei kein Rechtfertigungsgrund für einen Gesetzesverstoß, heißt es im Beschluss des Oberlandesgerichts. Auch in einem „umstrittenen Konfliktbereich“ könne niemand „kurzerhand die Funktion von Gesetzgeber, Gericht und Exekutive übernehmen“, um die nach seiner Überzeugung „allein richtige Sicht der Dinge“ durchzusetzen.

14 Monate lang hatte der Pfarrer seit November 1998 mit Billigung der Kirchenleitung einer neunköpfigen kurdischen Familie in kircheneigenen Räumen Unterkunft gewährt. Die Familie sollte nach drei erfolglosen Asylverfahren in die Türkei abgeschoben werden. Das spektakuläre Kirchenasyl erregte großes öffentliches Aufsehen und Anteilnahme für das Schicksal der Familie. Die Aufenthaltserlaubnis wurde verlängert.

„Wir sind sehr enttäuscht über diesen Beschluss“, sagte Ludger Wiemker, Justiziar des Bistums Osnabrück. Das Bistum hatte die Haltung des Pfarrers stets unterstützt. Nach Angaben Wiemkers will sich der Geistliche mit der Kommission für Migrationsfragen der Deutschen Bischofskonferenz über das weitere Vorgehen beraten. Die Entscheidung des OLG kann nur durch eine Verfassungsbeschwerde und ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben werden. Bisher liege den Vertretern des Pfarrers aber noch kein schriftliches Urteil vor. Es müsse zunächst abgewartet und dann genau geprüft werden, sagte Wiemker.

In erster Instanz vor dem Amtsgericht Papenburg war der Pfarrer zu einer Geldstrafe mit Bewährungsvorbehalt – also zur Zahlung erst im Wiederholungsfall – verurteilt worden. Den Vorbehalt strich das Landgericht Osnabrück, vor dem sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatten.

dpa

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