: Ein Glaubensbekenntnis
Auch eine Woche vor der milliardenschweren Entscheidung über die Zukunft der Bankgesellschaft sind im Parlament viele Fragen offen. Die SPD gibt sich sicher, die CDU will auf keinen Fall ablehnen
von STEFAN ALBERTI
Die Abgeordneten sind unsicher. Eine Woche vor der Abstimmung über die Risikoabschirmung der Bankgesellschaft ist die Stimmung im Parlament verhalten. Quer durch die Fraktionen ist von einer Gewissensentscheidung und einem Glaubensbekenntnis zu hören. Ob die rot-rote Koalition das Gesetz allein durchbringen kann, bleibt offen. Der SPD-Abgeordnete Bert Flemming, Chef des Vermögensausschusses, geht davon aus, dass seine Fraktion zustimmen wird. Beim Koalitionspartner PDS ist die Lage dagegen unsicher. Die Opposition beklagt fehlende Szenarien für die Zukunft der maroden Bank.
„Begeistert ist natürlich keiner“, sagte Flemming der taz. Da aber eine Bankpleite teurer komme als die Risikenabschirmung, bleibe keine Wahl. SPD-Fraktionskollege Hans-Georg Lorenz, der sich ablehnend geäußert hatte, stehe in dieser Sache allein. Auch Norbert Pewestorff, PDS-Mann im Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft, hält Zustimmung für die 21 Milliarden Euro schwere Abschirmung für unausweichlich. In seiner Fraktion müsse aber vielen noch klar gemacht werden, dass die Alternative sei, „sehenden Auges in die Katastrophe zu gehen“. Am Freitag hören die Fraktionen nochmals Experten an, am Montag soll die Finanzverwaltung im Ausschuss die Szenarien aufzeigen.
Grüne und FDP kritisieren, dass keine konkreten Zahlen darüber vorliegen, was eine Pleite das Land tatsächlich kosten würde. Dem Vernehmen nach haben das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, der Rechnungshof und die Senatsfinanzverwaltung Zahlen zwischen 10 und 50 Milliarden Euro genannt. Die CDU-Fraktion will bis Dienstag zumindest eine aussagekräftige Entschließung durchsetzen, die das Gesetz wie eine Gebrauchsanweisung begleiten soll. Die Formulierungen der SPD-Fraktion hält der CDU-Haushaltsexperte Uwe Goetze für „windelweich“. Nach Unions-Vorstellungen sollen die risikobelasteten Bereiche aus der Bankgesellschaft gelöst, direkt dem Senat unterstellt und von Wirtschaftsberatern verwaltet werden. Der andere Teil soll zügig verkauft werden. Lässt sich die Koalition darauf ein, kann sich Goetze Zustimmung vorstellen. Ansonsten werde man sich enthalten: „Die Bankgesellschaft an die Wand zu fahren, ist ausgeschlossen.“
Anders als die FDP lehnt die Union eine völlige Zerschlagung des Unternehmens ab. „Völliger Unsinn“, meint Goetze. Selbst die Rosinen im Bankgefüge seien derzeit völlig unterbewertet. Allenfalls die Sparkasse lasse sich separat verkaufen. FDP-Haushaltsexperte Christoph Meyer verspricht sich von einer Aufteilung mehr Kaufinteresse.
Wie Goetze kritisierte auch Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz die Salamitaktik bei Bank und Finanzverwaltung. Details und Risiken seien den Abgeordneten nur scheibchenweise und auf Drängen hin mitgeteilt worden. „All das hat mich zutiefst misstrauisch gemacht“, sagte Klotz. Die Fraktionschefin gehört als Frauen- und Arbeitspolitikerin zur großen Mehrheit der Abgeordneten, die in der Finanzpolitik nicht zu Hause sind. Zwar stehen die Bankunterlagen, die sich vorher nur der Vermögensausschuss anschauen durfte, seit 16 Tagen allen Parlamentariern zur Verfügung. Doch die Dokumente, in denen bis gestern 77 der 141 Abgeordneten unter Aufsicht lasen, sind schon für Juristen und Finanzwissenschaftler eine Herausforderung. Grünen-Finanzexperte Jochen Esser spricht von einem Votum, „das die Abgeordneten an den Rand ihrer Möglichkeiten bringt“.
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