: Chamenei spricht ein Machtwort
Neue Niederlage für die Reformer: Der iranische Revolutionsführer erstickt Initiativen zur Verbesserung des Verhältnisses zu den USA. Ein Treffen zwischen Abgeordneten aus Teheran und Washington kommt nicht zustande
BERLIN taz ■ Wie so oft hat der iranische Revolutionsführer den Reformern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach wochenlangen Bemühungen, die verhärteten Fronten zwischen Iran und den USA aufzuweichen und den Scherbenhaufen, den US-Präsident George W. Bush mit seiner „Achse des Bösen“ angerichtet hatte, zusammenzukitten, sagte Ali Chamenei vor einer Versammlung der Regierungsvertreter: „Verhandlungen bieten keine Lösung. Sollte der Feind uns den Krieg erklären, werden wir uns verteidigen und zurückschlagen.“
Bushs Attacke hatte in Iran einen heftigen Wirbel ausgelöst. Zunächst nahmen die Rechten den Verbalangriff zum Anlass, um das fast erloschene Feuer der Feindschaft gegen die USA erneut zu entfachen. Am 12. Februar lockten sie zum Jahrestag der Revolution hunderttausende auf die Straße. „Tod den USA“ skandierten die Demonstranten. Doch die Warnung einiger Reformer, die Drohungen aus Washington könnten ernst gemeint sein, dämpfte die Hochstimmung. Die Mehrheit im Parlament, die von den Reformern gestellt wird, wagte einen erstaunlichen Schritt nach vorn. 172 Abgeordnete forderten die Sicherheitsorgane und die Justiz auf, den Vorwürfen aus Washington nachzugehen und festzustellen, ob die Behauptung Israels zutreffe, dass aus Iran Waffen nach Palästina geschickt worden seien, ob Regionalmächte in Afghanistan Waffen und Unterstützung aus Iran erhielten und ob flüchtige Mitglieder von al-Qaida tatsächlich in Iran Aufnahme gefunden hätten.
Die Reaktion der Konservativen war unterschiedlich. Die Fundamentalisten schlugen wütend zurück. Die Tageszeitung Keyhan, das Sprachrohr der Ultrarechten, schrieb: „Die ahnungslosen, verachtenswerten, erbärmlichen Abgeordneten“ hätten sich von einigen ihrer „korrupten Kollegen“ verführen lassen. Andere konservative Zeitungen bezeichneten die Abgeordneten als Lakaien der USA. Ganz anders reagierte Exstaatspräsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, der als graue Eminenz der Konservativen gilt. „Selbstverständlich lassen sich die Konflikte zwischen uns und den USA lösen“, sagte er auf einer Pressekonferenz. „Ich habe den Amerikanern ganz konkret gesagt, wenn ihr unsere Gelder, die ihr zu Unrecht gesperrt habt, freigebt, werden wir dies als ein Zeichen des guten Willens anerkennen.“
Dieser Gesinnungswandel des profiliertesten Repräsentanten der Konservativen deutete auf eine Wende. Die Reformer nahmen den Rückzieher dankbar auf. Eine Einladung des auswärtigen Ausschusses im US-Senat an das iranische Parlament vom 12. März erweckte die Hoffnung, die drohende Gefahr aus den USA doch abwenden zu können. Ausschussvorsitzender Joseph Biden schlug Verhandlungen zwischen den Parlamenten vor.
Iranische Abgeordnete der Reformfraktion bewerteten Bidens Initiative positiv. Mohsen Armin, stellvertretender Parlamentspräsident, meinte: „Die Beziehungen zu den USA muss man als ein Projekt betrachten, ein Projekt, das genau geplant und durchgeführt werden muss. Am Ende dieses Projekts steht die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen.“
Noch konkreter äußerte sich Regierungssprecher Abdollah Ramezanzadeh. Auf einer Pressekonferenz am 17. März sagte er: „Wir haben bereits im Rahmen unseres Vorschlags zum Dialog der Kulturen erklärt, dass wir mit jedem, der ohne Vorurteile mit uns sprechen möchten, zu Verhandlungen bereit sind. Die Regierung hat gegen Verhandlungen zwischen Abgeordneten, die ohne Vorbedingungen Gespräche führen möchten, nichts einzuwenden.“
Einen Tag danach kam das Machtwort des Revolutionsführers: Verhandlungen seien Zeichen der Schwäche und Schwäche bedeute Kapitulation.
BAHMAN NIRUMAND
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