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„Sind die Juden wieder die Bösen?“

Professor Julius H. Schoeps, Experte für europäisch-jüdische Geschichte, warnt vor neuem Antisemitismus

taz: Der CDU-Politiker Karl Lamers wirft Israel „eine Politik“ vor, „die den Terrorismus fördert“. Jürgen Möllemann spricht sogar von einem „hemmungslosen Vernichtungskrieg“. Wie bewerten Sie solche Äußerungen?

Julius Schoeps: Das sind unsägliche Behauptungen, die auch gar nicht den Sachverhalt treffen. Dass wir es mit einer Kriegssituation zu tun haben, das ist ja jedermann klar. Nur habe ich in den letzten Tagen häufig den Eindruck, in der Bundesrepublik atmen wieder viele auf: Endlich kann man wieder auf die Juden zeigen und sie als die Bösen bezeichnen. Das dies aber ein jahrhundertealter Konflikt ist, wird dabei nicht berücksichtigt.

Wir sehen aber täglich die Bilder von Steine werfenden Jugendlichen, die Panzern gegenüberstehen …

Das ist in der Tat ein Problem, das Problem der Bilder, die sich einprägen. Einserseits erinner die Bilder an die David-gegen-Goliath-Situation. Andererseits aber werden die Selbstmordattentate heruntergespielt. Israel hat natürlich das Recht sich zu wehren. Die Palästinenser kämpfen natürlich um ihre nationale Identität. Ich hoffe, dass der liberale Flügel in der Regierung, also um Peres, sich durchsetzt. Mit Waffengewalt ist dieser Konflikt nicht zu lösen – sondern nur politisch.

Was könnte denn Joseph Fischer, was könnten jetzt die Deutschen außenpolitisch leisten?

Die Deutschen sollten sich tunlichst zurückhalten. Ich bin entsetzt über solche Gutfrauen, die plötzlich im Hauptquartier von Arafat auftauchen und wissen, wie der Konflikt zu lösen ist. So bitte nicht! Die Bundesrepublik sollte im europäischen Geleitzug fahren und versuchen, sich mit den Vereinigten Staaten abzustimmen.

Unlängst wurden zwei amerikanische Juden in Berlin von Arabern verprügelt, das Bundeskriminalamt warnt vor Übergriffen auf jüdische Einrichtungen in Deutschland. Sehen Sie eine Gefahr für den sozialen Frieden im Land?

Ich halte diese Situation für latent gefährlich. Es hat zwar direkt nichts miteinander zu tun, aber der Konflikt im Nahen Osten schürt den Antisemitismus hier vor Ort. Das hat Auswirkungen. INTERVIEW: FRA

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