: Gegen die Herrschaft des Musikantenstadls
■ „The Look of the Sound“: Katrin Rabus veranstaltet ein internationales Forum über Musik im Fernsehen. Neben 65 zu analysierenden Musikfilmen, Komponisten und Regisseuren kommen auch die Programm-Verantwortlichen
Schon in der Pressekonferenz zeichnete sich ein Explosionsstoff ab, der in den Diskussionen vom 18. bis zum 21. April auftauchen wird. Wenn nämlich Programmdirektoren, KomponistInnen, Filmemacher, Interpreten über Musik im Fernsehen der Zukunft sich in der Galerie Katrin Rabus (hoffentlich) die Köpfe heiß reden.
Die in Sachen zeitgenössischer Musik stets rührige Galeristin Katrin Rabus hat sich ein Festival ausgedacht, das es überhaupt noch nie gegeben hat. Unter dem Titel „The look of the sound“ will die seit Jahren in Rundfunkgremien Arbeitende die Frage nach der Musik im Fernsehen grundsätzlich stellen. Wie vermittelt man visuell Musik? Was sind aus welchen Gründen gute Musikfilme? Wie platziert man sie? Wie nehmen die Verantwortlichen angesichts der Argumentation der Einschaltquoten den gesetzlich verankerten Kulturauftrag wahr? Auf welche Zwänge stoßen FilmemacherInnen, wenn sie ihre ebenso wertvollen wie raren Produkte anbieten?
Aus der Überfülle des Themas wollte sie vermeiden: Videoclips und einfach abgefilmte Konzerte. So kommt ein ungemein reiches Angebot an Musikfilmen auf die BremerInnen zu. Nur einige Beispiele: „Glenn Gould spielt Goldberg-Variationen“, „Solidaritätslied“-Film über Hanns Eisler, „David Oistrach“, „Kurt Weill“, „Die Sinfonie des achten Stars – der Komponist Charles Koechlin“.
Von Uli Aumüller, der in der Pressekonferenz mit dem Komponisten Klaus Huber aneinander geriet, wird unter anderem gezeigt: „Musik für 1000 Finger – Conlon Nancarrow“, „Zwei Gefühle – Musik von Helmut Lachenmann“. Der Punkt zwischen Huber, über den die deutsche Erstaufführung eines Filmes gezeigt wird, und Aumüller war der, dass Huber sich einerseits mit Sendezeitbegrenzungen abfinden muss, dass andererseits immer der Komponist, aber nur selten die Musik gezeigt wird: „Weil die Sender die Rechte nicht bezahlen wollen“ (Huber). Es kann nur spannend sein, als Zuhörer und Verbraucher über derartige Hintergründe informiert zu werden.
Für die Podiumsdiskussionen haben namhafte Menschen zugesagt: so Günter Struve, der Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens, Laurent Andres, Direktor „Unité de spactacles“ bei Arte, Bettina Ehrhardt, freie Regisseurin, der Intendant des Berner Sinfonie-Orchesters René Karlen und Jonathan Haswell von BBC. Uli Aumüller erwartet von den Diskussionen, dass die Frage nach dem Spannungsverhältnis von Einschaltquoten und dem Bedürfnis, nachhaltige Filme machen zu wollen, an erster Stelle steht.
Täglich ab 11 Uhr läuft an drei Orten eine Videothek, in der man selbständig Filme aussuchen und ansehen kann. Darunter über fünfzig Jazz-Filme, die sich einer persönlichen Sammlung des Jazz-Trompeters Uli Beckerhoff verdanken.
Und zwei erstrangige Konzerte gibt es: Uli Beckerhoff spielt zusammen mit der neapolitanischen Sängerin Maria Pia de Vito, dem englischen Pianisten John Taylor und dem schwedischen Bassisten Anders Jormin. Das Amati-Quartett kommt mit Mozarts „Dissonanzen-Quartett“ und Helmut Lachenmanns „Gran Torso“. Außerdem gibt es ein Kinderprogramm (ab acht Jahre) auf der Basis des Kultfilm über Beethoven des vielleicht besten und erfolgreichsten Musikvermittler, den es gibt: Leonhard Bernstein.
Ute Schalz-Laurenze
Weitere Informationen über Festival und Podiumsdiskussionen gibt es unter (0421) 356 568, rabusbremen§t-oneline.de und imNetz: www.fernsehforum-musik.de
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