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Rheinische Union kennt keinen Klüngel

Rüttgers und seine CDU an Rhein und Ruhr sehen in der Festnahme des Bonner CDU-Chefs einen Einzelfall. „Dankeschön-System“ wie bei Kölner SPD gebe es nicht. SPD-Bürgermeisterin verlangt Akteneinsicht bei Stadtwerken

KÖLN taz ■ Die Christdemokraten an Rhein und Ruhr üben sich in Schadensbegrenzung. Bereits einen Tag nach der Festnahme des Bonner CDU-Ratsfraktionschefs Reiner Schreiber weiß Jürgen Rüttgers bereits, dass es sich nicht um einen Skandal bei der Bonner CDU handele, sondern nur um ein „persönliches Fehlverhalten“. Es gebe „keine schwarzen Kassen, keine gefälschten Spendenquittungen, keine gekauften politischen Entscheidungen in der Bonner CDU“, ist sich der Unions-Landeschef sicher. Seine Partei habe die Affäre Schreiber „zügig, präzise und effektiv“ erledigt.

Eine erstaunliche Sichtweise. Denn bis zu dem spektakulären Abgang Schreibers, dem die Staatsanwaltschaft „Vorteilsnahme in einem besonders schweren Fall“ vorwirft, hielt sich der Aufklärungseifer der Christdemokraten in Grenzen. Gegen den früherer Stadtwerkechef und Stadtdirektor, der gestern dem Haftrichter vorgeführt wurde, wird seit Anfang 2001 ermittelt. Und die Bonner CDU-Ratsfraktion wusste davon. Trotzdem bestätigte sie ihn einstimmig noch im Mai 2001 als Fraktionschef. Das sei ein „Vertrauensbeweis“, erklärte seinerzeit Schreibers Vize Benedikt Hauser. Hauser soll Montag zum Nachfolger Schreibers gewählt werden.

Die Grünen sind skeptisch. „Auch die NRW-CDU muss den Besen endlich in die Hand nehmen“, forderte die grüne Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann. So sieht es ebenfalls Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann: „Das ist mehr als das Problem eines Einzelnen.“ Man müsse sich „die Frage stellen, warum in der CDU-Fraktion bestimmte Fragen nicht mehr gestellt wurden“. Die Sozialdemokratin sagte, sie werde es nicht mehr dulden, dass Ratsmitgliedern mit „formaljuristischen Spielereien“ die Akteneinsicht bei den Stadtwerken verweigert werde. Zudem sollen alle Dienstreisen der Aufsichtsräte der Bonner MVA in die Schweiz überprüft werden. Auf die Stadtwerke ist Dieckmann gar nicht gut zu sprechen, denn aufgrund eines Beschlusses des Aufsichtsrates bekommt Schreiber peinlicherweise zurzeit auch noch Rechtschutz von der Stadt.

Bonns CDU-Vorsitzender Helmut Hergarten weiß, dass auf seine Partei nun schwere Zeiten zukommen. „Das schadet unserer politischen Arbeit!“, sagte er gestern Abend bei der Verabschiedung des langjährigen Bundestagsabgeordneten Norbert Hauser. Er sei „bestürzt und fassungslos“, schloss jedoch unbeirrt „ausdrücklich aus, dass es ein Dankeschön-Spendensystem wie bei der SPD in Köln bei der Bonner CDU gegeben haben könnte.“ Seine überzeugende Erklärung dafür: „Die Vergabe von Aufträgen für Gasturbinen findet ja nicht bei uns in der Geschäftsstelle statt.“PASCAL BEUCKER, FRANK ÜBERALL

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