Anschlag in Israel trotz Militäraktionen

Selbstmordattentäter sprengt Bus und tötet acht Menschen. Scharonwill „Operation Schutzwall“ fortsetzen. Hisbullah beschießt Nordisrael

aus Jerusalem ANNE PONGER

Bei einem Sprengstoffanschlag auf einen Bus im Norden Israels sind am gestern Morgen acht Israelis und der Terrorist getötet sowie 14 weitere Personen verletzt worden. Der militärische Zweig der Hamas bekannte sich zu dem Anschlag. Die heftige Explosion wurde durch einen Selbstmordattentäter ausgelöst, der den mit 25 Fahrgästen besetzten, von Haifa nach Jerusalem fahrenden Bus an einer besonders belebten Kreuzung in die Luft sprengte. Der Sekretär der Palästinenserbehörde, Achmed Abdel-Rachman, reagierte in der arabischen Fernsehstation al-Dschasira mit den Worten, kein Palästinenser habe eine andere Alternative als zu einer „menschlichen Bombe“ zu werden, denn auch die Powell-Mission in Nahost bedeute für Palästinenser keine Lösung, sondern fortgesetzte Sklaverei.

Die Nachricht vom Busanschlag traf die Nation mitten in morgendlichen Rundfunkankündigungen der Beerdigungsarrangements für 14 Soldaten, alle kürzlich eingezogene Reservisten, die am Vortag bei den Kämpfen im Flüchtlingslager von Dschenin gefallen waren, und einen Reserveoffizier, der in der Altstadt von Nablus irrtümlich von seinen eigenen Kameraden erschossen wurde. In Dschenin waren die Soldaten in einen Hinterhalt geraten, wo ein Selbstmordattentäter auf sie wartete. Ein Gebäude stürzte durch den Explosionsdruck über den Soldaten zusammen. Am Dienstag stieg die Zahl der gefallenen Israelis seit Beginn der „Operation Schutzwall“ am 29. März auf insgesamt 30 Menschen. Es wird geschätzt, dass auf palästinensischer Seite allein im Lager Dschenin mehr als 200 Kämpfer gefallen sind, während sich gestern hunderte ergaben.

Ungeachtet der schweren Rückschläge für die Armee ist ein schnelles Ende der Offensive gegen die Palästinenserstädte im Westjordanland nicht in Sicht. Ministerpräsident Ariel Scharon berief die Likud-Minister zu einer Sondersitzung ein und wurde einstimmig in seiner Ansicht unterstützt, dass die „Operation Schutzwall“ nun fortgesetzt werden müsse. Man kam überein, sich dem Druck der USA auf sofortigen Abzug aus den autonomen Städten zu widersetzen, da israelische Sicherheitsbelange Vorrang vor amerikanischen Interessen hätten. Viele gesuchte Terroristen seien in die ländlichen Gegenden des Westjordanlands geflüchtet, und die Terror-Infrastruktur sei nur teilweise zerschlagen. Man werde sich nur aus Regionen zurückziehen, in denen das Ziel der Operation als erreicht gelte.

Scharon bekräftigte seine Meinung, die Entscheidung von US-Außenminister Powell, am Freitag den von den Israelis in Ramallah isolierten Palästinenserführer Jassir Arafat zu treffen, sei ein „tragischer Fehler“. Ein großer Teil der am Montag nach rechts erweiterten Regierung tendiert mittlerweile zu der Ansicht, Arafat müsse deportiert werden. Auch der frühere Likud-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der bei den nächsten Wahlen gegen Scharon antreten möchte, macht sich seit Monaten für eine Vertreibung Arafats stark. Netanjahu, der sich derzeit auf einer Reise durch die USA befindet, meldete sich von dort in einem Rundfunkinterview und betonte, er erkläre seinen Partnern im Senat, im Kongress und in den Medien mit Erfolg, dass Israels Kampf gegen den Terror dem der USA in Afghanistan gleichzusetzen sei. Während die USA seit 7 Monaten in Afghanistan weilten, befände sich Israel seit kaum mehr als 7 Tagen in den autonomen Städten.

Gestern gab es auch Anzeichen dafür, dass die libanesische Hisbullah-Miliz die Nordfront Israels vom Südlibanon aus aufzuheizen gedenkt. Mörser, Anti-Panzer- und Katjuscha-Raketen fielen auf Siedlungen in Galiläa und Armeestellungen am Hermon-Berg und auf den nördlichen Golanhöhen. Die israelische Armee beantwortete die Angriffe, die vor zwölf Tagen begannen, mit Kampffliegern und Artilleriebeschuss. Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser drohte mit Schlägen gegen syrische Positionen sowohl im Libanon als auch in Syrien selbst, sollte Präsident Baschar Assad der Hisbullah keine Zügel anlegen. Auch US-Vizepräsident Dick Cheney warnte Assad telefonisch vor einer Eskalation entlang der libanesisch-israelischen Grenze.