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Kulturrevolution auf Sparflamme

Als erste Hochschule schrieb die Humboldt-Universität im Rahmen eines Pilotprojekts 28 Juniorprofessur-Stellen aus. Einer der ersten sechs Auserkorenen erläutert, was er sich von der wissenschaftlichen Bewährungsphase erhofft

Patrick Hostert (34) tritt am Geografischen Institut der Berliner Humboldt- Universität eine der ersten „Junior-Professuren“ an. Hostert hat an der Uni Trier sein Diplom gemacht und danach an der University of Edinburgh den Master of Science erworben.

taz: Was wird Sie von einem anderen Professor unterscheiden – wenn man einmal davon absieht, dass Sie den Altersdurchschnitt am Fachbereich deutlich senken werden?

Patrick Hostert: Da gibt es zunächst formale Unterschiede: Schließlich ist eine Juniorprofessur im Prinzip Teil der wissenschaftlichen Bewährungsphase – das heißt, meine Arbeit wird nach drei von potenziell sechs Jahren evaluiert. Außerdem belaufen sich meine Lehrverpflichtungen zunächst auf vier, später auf sechs Semesterwochenstunden. Ordentliche Universitätsprofessoren lehren acht Stunden pro Woche. Und: Ich werde nicht verbeamtet, sondern erst angestellt, später Beamter auf Zeit.

Ansonsten wird Ihre Arbeitssituation so sein, wie das Bundesbildungsministerium sie ankündigt: Sie werden „selbstständig lehren und forschen“ können?

Davon gehe ich aus. Natürlich werden Veranstaltungen immer in Absprache mit den Kollegen konzipiert. Darüber hinaus nehmen Juniorprofessoren die Lehre eigenständig wahr. Gleiches gilt für ihre Forschungsvorhaben.

Was wäre ohne den Ruf nach Berlin aus Ihrer wissenschaftlichen Laufbahn geworden?

Ich sitze zurzeit noch auf einer Habilitationsstelle nach dem alten Modell an der Uni Trier. Ursprünglich ging ich davon aus, mich die kommenden fünf Jahre hier mit meiner Habilitation zu beschäftigen …

Darauf haben Sie sich eingelassen? In der Debatte um die notwendige Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) bekam man zuweilen den Eindruck, Habilitierende würden quasi in Leibeigenschaft der Professoren gehalten.

In der Debatte ist aber von allen Seiten übertrieben worden. Ja, ich habe mich darauf eingelassen, und ich hätte das sicher auch ohne größere Blessuren überstanden. Andererseits hätte ich mich natürlich nicht um die Juniorprofessur beworben, wenn ich dort keine Vorteile sehen würde: Die Selbstständigkeit war ein wichtiges Argument, aber auch die Annahme, dass der Weg zu einer „echten“ Professur über den „Junior“-Weg der kürzere ist.

Ob sich das bewahrheitet, muss sich aber noch erweisen – genauso wie zurzeit noch völlig unklar ist, wen Berufungskommissionen denn in Zukunft lieber auf den Professorenstellen sehen: ehemalige Juniorprofessoren oder die herkömmlich Habilitierten.

Dennoch wurde insbesondere vom akademischen Mittelbau – also sozusagen von Ihren Kollegen – bereits massiv gegen die HRG-Novelle mobil gemacht. Zur Begründung hieß es, mit der Neuregelung werde eine ganze Generation von Wissenschaftlern, nämlich alle die, die zurzeit habilitieren oder auf einer befristeten Stelle sitzen, quasi auf den „akademischen Schrotthaufen“ geworfen.

Inzwischen hat das Bildungsministerium meiner Ansicht nach wichtige Klarstellungen in Sachen Übergangsregelungen hinsichtlich der strikten 12-Jahres-Klausel unternommen. Natürlich verstehe ich aber auch die Sorgen derer, die Jahre im Wissenschaftsbetrieb verbracht haben und um ihre Zukunft bangen. Sicherlich ist diesbezüglich – wie auch in anderen Bereichen – noch einiges an Verbesserungen möglich. Grundsätzlich halte ich die HRG-Novelle aber für eine – und zwar für eine überfällige – kleine Kulturrevolution.

INTERVIEW: JEANNETTE GODDAR

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