Träumen Journalistinnen von Bin Laden?

Beim ersten „Mediengipfel 2002“ des Medienbüros Berlin-Brandenburg wurde so gequält wie erfolglos versucht, eine These zum Thema „Sind Frauen die besseren TV-Journalisten?“ aufzustellen. Aber nicht mal Anne Will konnte helfen

Dass es so etwas noch gibt! Da denkt man, dass so gut wie sämtliche IT-Buden den Bach hinunterschwimmen oder schon am Venture-Capital-Abgrund dümpeln, trotzdem schmeißt das Berlin-Brandenburger „Medienbüro“ eine amtliche IT-Party mit Ringelpiez, Häppchen, Networking und Podiumsdiskussion: Die vier hochkarätigen Journalistinnen Sabine Christiansen („Sabine Christiansen“, ARD), Astrid Frohloff („18.30“, Sat.1), Anne Will (ARD-Tagesthemen) und Leo Busch („Das Thema“, n-tv) gruppierten sich im obersten Stockwerk einer Fabriketage um Moderator Markus Peichl, um dem Thema Fernsehfrauen einen unerhörten Aspekt zu entlocken.

Mit löblichem Mitmachansatz: Was früher das Saalmikro war, heißt nun, Publikumsfragen anonym per SMS an das Podium zu schicken. Und so herauszufinden, was der ausgesuchten Öffentlichkeit (Media.net-Mitglieder und JournalistInnen) zu Medienfrauen unter den Nägeln brennt. „Frau Will, wo trifft man Sie beim Ausgehen?“ brennt da. Oder „Wer ist der erotischste männliche TV-Journalist?“

Also alles wie gehabt. Wenn irgendwo Frauen sitzen, denkt der Schwanz mit, da kann es um noch so Abseitiges gehen. Auch die Moderation konnte daran nichts ändern. Frustrierend, wäre nicht schon längst eine Veränderung in Gang geschubst worden (wobei man sich den Zusatz „mit Stöckelschuhen“ unbedingt sparen muss), die Christiansen netterweise gleich darauf hinweisen ließ, dass „die Luft in den Chefetagen für Frauen immer noch dünn ist“. Denn das ist das Problem: Sie kommen kaum vor, weil sie nicht paritätisch an der Macht sind. Und der angebliche Frauen-„Boom“, in den sich die Veranstalter am Donnerstag hineinreden wollten, ist nur die leider viel zu langsame Entwicklung hin in eine Medien-Normalität, in der das Geschlecht keine Rolle mehr spielt, sondern, was er oder sie einem erzählt.

Vielleicht muss man es noch mal sagen: Nein, Frauen sind keine besseren oder schlechteren TV-Journalisten, sie unterscheiden sich genauso individuell wie Männer untereinander. Finden Will, Christiansen, Frohloff und Busch. Dass es demzufolge schwer ist, 45 Minuten über Luftblasen zu reden, merkte man daran, dass die Gäste sich bald anderen Aspekten zuwandten, wie „Haben Sie am 11. September gearbeitet?“.

Und da erzählt Will etwas, was typisch Frau sein könnte, vermutlich aber einfach typisch Will ist: Sie habe in der Nacht danach geträumt, Bin Laden zu begegnen und ihn zu fragen, ob er es war. Leider hat er nicht geantwortet. JENNI ZYLKA