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Müntefering, dritter und letzter Teil?

Nach ihren verunglückten Wochenendinterviews musste SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier gestern selbst ran und erklärte, Müntefering habe die Namensliste der illegalen Spender nicht gekannt. Auch Schröder schützt seinen Generalsekretär

aus Berlin JENS KÖNIG

Gerhard Schröder pflegt in diesen Tagen wieder sehr oft zu sagen, dass die Spendenaffäre der SPD in Köln nur ein lokales Ereignis sei. Für ein solches Skandälchen aus der Provinz herrscht in der Parteizentrale in Berlin seit Tagen jedoch eine unverhältnismäßig große Aufregung. Seit Donnerstag voriger Woche versuchen der Generalsekretär Franz Müntefering und seine Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier der verdutzten Öffentlichkeit zu erklären, wann was wer von den beiden gewusst hat über die Biciste- und die Menger-Liste, auf denen die Namen der Empfänger von gefälschten Spendenquittungen stehen sollen. Gestern sah sich auch SPD-Vorsitzender Gerhard Schröder dazu veranlasst, seinen Generalsekretär in Schutz zu nehmen. Er habe keinen Grund, an Münteferings Aussagen im Parteispenden-Untersuchungsausschuss zu zweifeln. Gleichzeitig räumte er indirekt schlechtes Krisenmanagement zwischen Müntefering und Wettig-Danielmeier ein. „In der Zusammenarbeit von Menschen gibt es immer wieder mal Versäumnisse“, so Schröder.

Am Freitag voriger Woche hatte Müntefering einigermaßen glaubhaft machen können, dass er bei seiner Aussage vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss am 21. März die so genannte Menger-Liste nicht kannte. Auf dieser Liste hat der Wirtschaftsprüfer der Kölner SPD, Dieter Menger, an Hand von Kopien und anderen Unterlagen 41 Namen der vermuteten Quittungsempfänger zu entschlüsseln versucht. Ein brisantes Material, war doch ganz Deutschland gerade auf der Suche nach ebenjenen Genossen, die in den Spendenskandal verwickelt sind. Bereits am 14. März, also eine Woche vor Münteferings Auftritt, hatte Menger diese Liste an die Schatzmeisterin in Berlin geschickt.

Egal, wie gut oder schlecht es für den Generalsekretär nach diesen Erklärungen stand – besser wurde es für ihn auf gar keinen Fall, als seine Schatzmeisterin am Wochenende drei Interviews gab. Darin erzählte sie etwas kryptisch, dass Müntefering von dem Menger-Bericht gewusst habe. Sie habe ihrem Generalsekretär sogar angeboten, alles im Einzelnen zu erklären. Er habe das jedoch mit den Worten abgelehnt, er habe keine Zeit.

Am Sonntag war wieder Müntefering dran. Er habe von dem Menger-Bericht gewusst, aber ihn nicht gekannt, behauptete er plötzlich. Nachmittags dann gab es eine gemeinsame Presseerklärung von Müntefering und Wettig-Danielmeier. Darin sagten beide aus, dass Münteferings Büro von der Existenz der Menger-Liste wusste. Da die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Liste aber noch ungeklärt gewesen seien, hätte es keinen Anlass gegeben, dem Generalsekretär diese Liste persönlich zu übergeben. Wieder blieb eine Frage unbeantwortet: Warum Müntefering vor dem U-Ausschuss nicht wenigstens erwähnt hatte, dass es eine solche Liste gibt, die die SPD aber juristisch für nicht belastbar hält.

Zur Strafe für ihre etwas verunglückten Wochenendaktivitäten an der Medienfront musste Wettig-Danielmeier dann am gestrigen Montag selbst vor die Presse. Sie verteidigte ihren Umgang mit der Menger-Liste und gab ihrem Generalsekretär volle Rückendeckung. Weder Müntefering selbst noch seinem Büro habe die Liste mit den 41 Namen „physisch vorgelegen“. Das sei auch nicht notwendig gewesen, weil der Menger-Bericht erhebliche Mängel aufweise, worauf der Wirtschaftsprüfer bei seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss im Übrigen auch selbst hingewiesen habe. „Ich habe die Menger-Liste nicht für wichtig gehalten“, gab die Schatzmeisterin gegenüber den Journalisten ganz freimütig zu.

Dann führte Wettig-Danielmeier noch ein neues, pikantes Detail in die Debatte ein. Dieter Menger sei zwar ein erfahrener Wirtschaftsprüfer, aber er habe keinerlei Erfahrungen im Umgang mit Parteifinanzen, zudem sei er nicht geübt im Umgang mit den Medien. Die junge Kölner SPD-Führung habe sich unter dem großen Aufklärungsdruck quasi über Nacht für Menger entschieden.

Aber damit keine neuen Missverständnisse auftauchen: „Er hat einen guten Job gemacht“, so die Schatzmeisterin. Menger seien jedoch einfach ein paar Fehler unterlaufen. Den wichtigsten nennt sie selbst: Nicht 41 Genossen, wie Menger angibt, auch nicht 44 Genossen, wie der ehemalige Kölner SPD-Schatzmeister Biciste behauptet, sind in die Spendenaffäre verwickelt, sondern 36. Vorläufig. Plötzlich wird die Schatzmeisterin ganz emotional. Die Veröffentlichung von Personen, deren Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei, werde es mit ihr nicht geben. „Da bin ich ganz altmodisch!“

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