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Überalterung zwingt Politik zum Handeln

Ministerin Bergmann für „neuen Umgang mit dem Alter“. Experten konkreter: Reform der Pflegeversicherung verlangt

BERLIN taz ■ Als eine „schleichende Revolution“ bezeichnet Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) die demografische Entwicklung in Deutschland. Bei der Vorstellung des Vierten Berichts zur Lage der älteren Generation erklärte sie gestern in Berlin: „In fünfzig Jahren werden knapp acht Millionen Menschen 80 Jahre oder älter sein.“ Die Gesellschaft müsse sich deshalb verstärkt auf ältere Menschen einstellen.

Besonders die Zahl der Hochaltrigen – das sind Menschen über 80 Jahre – wird zunehmen: Gegenwärtig sind in Deutschland rund 2,9 Millionen älter als 80. In zwanzig Jahren werden es 6,3 Prozent, in 50 Jahren 11 Prozent der Bevölkerung sein.

Bergmann forderte deshalb ein „neues Bild des Alters und einen neuen Umgang mit dem Alter“. Der Vierte Altenbericht soll dafür die Grundlage liefern. Der Spezialbericht, erstellt von einer interdisziplinären Expertenkommission, bietet eine Analyse der Bevölkerungsgruppe der über 80-Jährigen, die „den Blick für die Bedürfnisse und Besonderheiten hochaltriger Menschen schärfen soll,“ so Ministerin Bergmann.

Die zentrale Aussagen des Altenberichts sind: Hochaltrigkeit ist ein Frauenprivileg, denn drei Viertel der über 85-Jährigen sind Frauen. Frauen werden allerdings mit dem Alter auch stärker pflegebedürftig als Männer. Insgesamt sind mehr als 60 Prozent der über 90-Jährigen pflegebedürftig. Die Autoren des Altenberichts empfehlen deshalb die regelmäßige Anpassung der Höhe der Pflegeversicherungsleistungen. Dies sei notwendig um zu verhindern, dass Pflegebedürftige zunehmend auf Sozialhilfe angewiesen sein werden.

Die Bundestags-Enquete-Kommission zum demografischen Wandel fordert eine Reform der Pflegeversicherung. In ihrem Abschlussbericht, der gestern nach zehnjähriger Arbeit an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) übergeben wurde, empfiehlt die Kommission unter anderem eine Anhebung der Pflegesätze. Außerdem schlägt sie vor zu überprüfen, ob die Kranken- und Pflegeversicherung zusammengefasst werden könnten.

Das Gremium aus Sachverständigen und Experten hatte sich mit den Folgen der Alterung für die deutsche Gesellschaft beschäftigt. Andreas Storm, Obmann der CDU/CSU-Fraktion in der Kommission: „Der Bericht zeigt: Es besteht Handlungsbedarf im Bereich soziale Sicherheit, in der Arbeitsmarkt- und Wohnungspolitik.“ So müsse man beispielsweise Beschäftigungschancen für ältere Menschen erhöhen und Konzepte für lebenslanges Lernen erarbeiten. Storm betonte, in der Analyse der Probleme sei sich das Gremium einig gewesen. Gravierende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien habe es lediglich in der Zuwanderungs- und Gesundheitspolitik gegeben. ANGELIKA HENSOLT

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