Die Zuversicht blinzelt wieder

Beim 3:1 des SC Freiburg über Kaiserslautern klappt es endlich wieder mit dem Doppelpass. Im Breisgau wertet man das als Zeichen, dass alles doch gut enden könnte

FREIBURG taz ■ Dass die Freiburger jede Menge Erfahrung im Umgang mit brenzligen Situationen besitzen, ist in der Bundesliga kein Geheimnis. Nur, dass sie beim Jonglieren auf dem schmalen Grat zwischen erster und zweiter Liga nicht die Beherrschung verlieren, verwundert in der aufgeregten Branche immer wieder aufs Neue. Dieses Mal ist es „eigentlich schon drei nach zwölf“, wie Volker Finke beim bangem Blick auf die Restspielzeit der Saison feststellt. Aber als der Trainer die Hand von Heinrich Breit umschloss und fest drückte, deutete die Geste an, dass das 3:1 gegen den 1.FC Kaiserslautern mehr bedeutete, als bloß drei Punkte: „Wir können wieder ein bisschen Hoffnung haben“, raunte Finke dem Schatzmeister des SC Freiburg zu.

Der SC Freiburg entdeckte am Sonntagabend nach Wochen und Monaten der tiefen Depression fast nicht mehr gekannte Glücksmomente wieder: Erst in Führung zu gehen – und am Ende sogar noch als Sieger da zu stehen. „Ein gutes Gefühl“, sagte der Schweizer Verteidiger Oumar Kondé lapidar, „und eigentlich der Sinn der Sache.“ Und das in einer Partie der magischen Zahlen: Im siebten Spiel nach sechs Niederlagen in Serie und im 13. Spiel nach zwölf Begegnungen ohne einen Dreier. „Ein Supergefühl“, räumte Stefan Müller schon ein bisschen euphorischer ein. „Wir haben das ja wirklich lange nicht mehr erlebt.“ Genauer: Seit dem 26. Januar und dem 2:0 gegen Nürnberg.

Ungefähr so lange ist es auch her, dass Volker Finke eine vernünftige Formation aufs Feld schicken konnte. Eine Elf, die sich aus erfolgreicheren Zeiten kennt. Mit kleinen Retouchen wohlgemerkt, denn im Tor steht seit der Operation von Richard Golz der zweiteMann. In den vergangenen Wochen musste Finke Timo Reus immer wieder stark reden, gegen Kaiserslautern zahlte sich das aus. Reus parierte in der ersten, von den Pfälzern zielstrebiger angegangenen Halbzeit mehrfach und wurde so zu einem der Matchwinner für den SC, vielleicht nur noch übertroffen von Adel Sellimi, dem Schützen des zweiten, vorentscheidenden Treffers. Der Tunesier absolvierte ein so gewaltiges Pensum, dass man angesichts seines lädierten Knies Sorge haben muss, dass er bis nächsten Samstag in Köln wieder rechtzeitig vom Tropf weg kommt.

Der vorletzte Teil der spät eingeleiteten Überlebensaktion folgt also ausgerechnet bei dem neuen Klub von Andreas Rettig. Der Manager hatte den Sport-Club vor wenigen Wochen Hals über Kopf verlassen, um sich der Großbaustelle in Müngersdorf zu widmen. Trotz aller gegenteiliger Beteuerungen hat er sich mit diesem Abgang in Freiburg keine Freunde gemacht. Nun beabsichtigt Rettig wegen emotionalen Konflikten, der Partie fernzubleiben, in die die Freiburger mit frischem Mut und als Profiteure des 32. Spieltages gehen können. Denn Leverkusens Heimniederlage wird es Nürnberg noch schwerer machen, gegen den Tabellenführer den letzten verbliebenen Punkt Vorsprung auf Freiburg zu verteidigen. Neuer Optimismus keimt in Freiburg. Im Kinderblock, dort, wo für den Fannachwuchs freie Sicht eingerichtet wurde, flatterte am Sonntag vor dem Spiel ein Transparent, auf dem die Zuversicht blinzelte: „Ihr schafft es!“, stand dort zu lesen.

CHRISTOPH KIESLICH