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Faszination Messer

■ G-Move-Prozess: Doch Notwehr?

Wende im Verfahren um die tödlichen Messerstiche beim „Generation-Move“ im Juni vorigen Jahres: Die Vorsitzende der Schwurgerichtskammer Claudia Lesmeister-Kappel gab gestern zum Ende des 2. Verhandlungstages überraschend den „rechtlichen Hinweis“, dass auch eine Verurteilung wegen Verstoß gegen das Waffengesetz in Betracht kommt. Für die Verteidiger Manfred Getzmann und Gerd Strate ein deutlicher Wink, dass das Gericht im Totschlag-Prozess gegen Ahmet Ö. zurzeit in der konkreten Tatsituation von Notwehr ausgeht. Beide beantragten die Aufhebung des Haftbefehls, über die bis Donnerstag entschieden wird.

Erneut berichteten weitere AugenzeugInnen davon, dass die Aggressionen von der Skin-Hooligan- Gruppe des späteren Opfers Dirk S. ausgegangen ist. Diese hatte sich an einem Bierstand der „Hamburger Ultras“ zusammengefunden – einem Ableger der berüchtigten Fußballclique „German Trouble Makers“ – und mit Bierflaschen um sich geworfen und Ausländer angegriffen. Ö. fühlte sich offenkundig provoziert, als Anführer Torga W. „Scheiß Kanacken“ brüllte. „Er jonglierte mit den Messer vor dem kräftigen Mann mit der Glatze, davon war ich fasziniert“, sagte Anwohnerin Marlies D.. Doch dann wären erneut Gegenstände geflogen und Ö. sei geflüchtet, aber schließlich von einer Gruppe eingeholt worden. „Der konnte nicht mehr weg“, erklärten fast alle Zeugen. In der „Wuselei“ kam es dann zu den tödlichen Messerstichen.

Von einer Verfolgung oder gar Einkesselung Ös nach der Bedrohung wollten die beiden gestern vom Gericht vernommenen Hooligans indes nichts wissen, obwohl Fotos dies belegen. „Filmriss“, so Torga W., der aber selbstkritisch einräumte. „Ohne das Wort ,Scheiß Kanacken' wäre es nicht soweit gekommen.“ kva

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