piwik no script img

wer war eigentlich... Hans-Jürgen Ewers?

Kein Duckmäuser

Als Hans-Jürgen Ewers 1997 das Präsidentenamt an der Technischen Universität antrat, machten ihm die Studentenvertreter das größte denkbare Kompliment. Eine „Katastrophe“ sei Ewers’ Wahl, schimpfte der Asta.

In der Tat: Dass einer wie Ewers zum Uni-Chef aufrücken könnte, schien in Berlin bis dahin undenkbar. Kein Duckmäuser, kein Konsenskandidat, keiner, der sich nur in den Hinterzimmern akademischer Klüngelrunden bewegte. Sondern ein profilierter Ökonom, der als Gutachter auch die Bundesregierung beriet – und dabei vor deutlichen Worten nie zurückschreckte.

Vor allem aber einer, der ein klares Konzept verfolgte: mehr Wettbewerb – und zwar auf allen Gebieten und ohne parteipolitische Scheuklappen. Berlins Olympiabewerbung kritisierte er 1993, weil sie ökonomisch auf Sand gebaut war; noch vor den Grünen forderte er einen Benzinpreis von 5 Mark, um die realen Kosten abzudecken; die rot-grüne Ökosteuer kritisierte er heftig, weil sie die Energieformen unterschiedlich belastete.

Nach den Prinzipien des Marktes wollte er auch seine Hochschule umbauen. Die Halbierung des Personalbestands, aufgezwungen durch die Finanznot Berlins, begriff er als Chance zur Reform. Kleiner, aber feiner sollte die TU werden. Doch bei der Umsetzung seines Konzepts zwang ihn auch das eigene, konservativ-liberale Professorenlager zu empfindlichen Abstrichen. Und die Studenten protestierten so heftig, dass die Uni-Gremien zeitweise unter Polizeischutz tagen mussten.

Auch den Kritikern Ewers’ konnte es aber ästhetischen Genuss bereiten, wie geradlinig er sein Programm verkündete. Den Gegnern von Studiengebühren, einem seiner Steckenpferde, konnte er mit seiner rauen Stimme schon mal entgegenhalten: „Wer diese Argumentation nicht begreift, ist nicht studierfähig.“

Zuletzt ging es aber selbst dem Gegner staatlicher Eingriffe zu weit, wie sehr sich der Berliner Senat aus der Hochschulfinanzierung zurückzog. Deshalb hielten es viele für einen Akt des Protests, als der TU-Präsident sein Amt im Januar aufgab. Doch Ewers war schwer krank. In der Nacht zum Mittwoch ist er im Alter von 59 Jahren gestorben.

RALPH BOLLMANN FOTO: ARCHIV

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen