: Bloß weg von den Kindern
Deutsche Bischöfe sind sanfter als der Papst im Umgang mit pädophilen Priestern
BERLIN taz ■ Die amerikanischen Kardinäle wurden zum Rapport über die Sünden ihrer pädophilen Priester nach Rom zitiert – solch eine demütigende Strafaktion durch den Papst droht den deutschen Oberhirten erst einmal nicht. Aber natürlich gibt es auch unter den Geistlichen hiesiger Bistümer dieses Problem: Die Agenturen melden allein für die vergangenen neun Jahre elf Fälle von sexuellen Missbrauchs durch Priester in der Bundesrepublik – und dies sind nur die Vergehen, die überregional bekannt und vor Gericht behandelt wurden. Die Kirchenreformbewegung „Wir sind Kirche“ verweist auf eine Schätzung des ehemaligen Priesters und bekannten Kirchenkritikers Hubertus Mynarek, wonach in Deutschland zwei bis drei Prozent der rund 12.000 katholischen Priester pädophile Neigungen hätten.
Doch die deutschen Bischöfen sind sich keineswegs einig, wie sie mit diesen schwarzen Schafen in ihren Reihen umgehen sollen: Als sich der Ständige Rat der Bischofskonferenz am Montag mit der Pädophilie-Problematik beschäftigte, beauftragte man lediglich eine interne Kommission damit, darüber zu entscheiden, ob es nötig wäre, gemeinsame und verbindliche Richtlinien für alle Diözesen zu erarbeiten.
Radikaler hatte sich da Johannes Paul II vor Beginn des römischen Treffens gegeben: „Die Menschen müssen wissen, dass es keinen Platz im Priestertum und im religiösen Leben für diejenigen gibt, die den Jüngsten Leid zufügen.“ Die Deutschen Oberhirten sind da sanfter: Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, sagte bloß, wie er das seit knapp 20 Jahren regelt: „Wenn einer wirklich pädophil ist, muss er sofort aus dem Pastoral und aus dem Umgang mit Kindern entfernt werden.“
Carsten Horn, ein Sprecher der Bischofskonferenz, betont, es gebe bei Missbrauchsfällen eine „enge Zusammenarbeit“ der Bistümer mit den Strafverfolgungsbehören. Es werde nichts vertuscht und auch Anzeige gegen die Priester erstattet: Schließlich sei bei solchen Straftaten schon jeder normale Bürger „anzeigepflichtig“. Zudem würden seit vergangenem Jahr alle deutschen Pädophilie-Fälle nach Rom gemeldet.
Um jede interne Vertuschung zu verhindern, fordert „Wir sind Kirche“ die Einrichtung unabhängiger Ombuds-Stellen für Opfer sexueller Gewalt durch Priester. Annegret Laakmann, Sprecherin der Reformvereinigung, ist enttäuscht von den zaghaften Entscheidungen der deutschen Bischöfe. Die Prüfung des Problems durch eine Kommission sei ein „Witz“, schließlich sei genug dazu bekannt. Sie befürchtet, dass die deutschen Bischöfe keine Ombuds-Stelle einrichten werden. Dann aber werde das Thema sehr schnell nur noch „auf niedriger Flamme gekocht“. PHILIPP GESSLER
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