DER INNENMINISTER HÄLT VOLLJÄHRIGKEIT ERST MIT 21 FÜR RICHTIG: Alle gegen Schily, und das zu Recht
Nein, diesmal ist es wirklich falsch, Otto Schily als Populisten zu bezeichnen. Via Bild-Zeitung verbreitete er das Bekenntnis, 21 Jahre sei das richtige Alter für die Volljährigkeit. Die Entwicklung zum Erwachsensein sei mit 18 Jahren noch nicht abgeschlossen. Solche Aussagen sind unpopulär, und der Innenminister weiß das auch. Dafür werde er bei der Mehrheit kaum Zustimmung finden, vermutete er gleich. Wie wahr. Alle sind gegen ihn, und das zu Recht.
Mit Eintritt der Volljährigkeit ist ein junger Mensch voll geschäftsfähig, kann auch weitreichende Verträge ohne die Eltern abschließen, kann ein Testament ohne Notar aufsetzen. Er oder sie kann heiraten, Prozesse führen und an politischen Wahlen teilnehmen. 1974 wurde das Volljährigkeitsalter von 21 auf 18 Jahren gesenkt. Die Regelung hat sich bewährt. Es gibt keinen Grund, dies heute rückgängig zu machen.
Auch die Tatsache, dass der Amokläufer von Erfurt 19 Jahre alt war, gibt dazu keinen Anlass. Hätte Robert Steinhäuser etwa auf seine Bluttat verzichtet, wenn er nicht volljährig gewesen wäre? Viele Amokläufer sind älter als 21, während die Täter der High-School-Shootings in den USA deutlich jünger als 18 waren. Massenmord ist offensichtlich keine Altersfrage. Deshalb stießen Schilys Gedanken selbst in der Verunsicherung nach dem Erfurter Blutbad auf fast keinerlei positive Resonanz.
Schily liegt mit seinen Ansichten über die Volljährigkeit sogar völlig quer zum Diskurs im deutschen Strafrecht. Dort geht es gerade nicht um das Anheben, sondern das Absenken von Altersgrenzen. So sind derzeit Jugendliche erst ab 14 Jahren strafmündig. Unionspolitiker und die Polizeigewerkschaft fordern immer wieder, diese Grenze auf 12 Jahre abzusenken, um auch frühreife Intensivtäter vor Gericht stellen zu können. Ebenfalls aus der CDU/CSU kommt die Forderung, bei Straftätern zwischen 18 und 21 Jahren grundsätzlich Erwachsenenstrafrecht anzuwenden. Bisher wird bei dieser Altersgruppe je nach „sittlicher und geistiger Entwicklung“ sehr häufig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, noch Jugendstrafrecht anzuwenden.
Innenminister Otto Schily hat sich bei diesen scharfmacherischen Debatten bisher besonnen gezeigt. Die Anwendung des Strafrechts gegen 12- und 13-Jährige bezeichnete er jüngst sogar als „Blödsinn“. Insofern ist seine Haltung zumindest in sich stimmig: Sie ist paternalistisch. Und dass Schily als 69-jähriger Innenminister das Lebensalter für einen Wert an sich hält, mag man ihm nachsehen. CHRISTIAN RATH
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