: Atomendlager Konrad vor Gericht
Zwei Städte und die evangelische Landeskirche Braunschweig bereiten Klagen gegen das Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter vor. Niedersachsen hat das Lager endgültig genehmigt. Verfahren werden Inbetriebnahme jahrelang verzögern
von HANNES KOCH
Mit mindestens vier Klagen gegen das Atommüllendlager Schacht Konrad in Salzgitter muss sich demnächst die niedersächsische Landesregierung auseinander setzen. Nachdem die SPD-Landeskabinett das Lager am Dienstag endgültig genehmigt hatte, wollen die Gegner jetzt vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ziehen. Nach Informationen der Atomkraftgegner bereiten neben der evangelischen Landeskirche Braunschweig die Kommunen Salzgitter und Vechelde Klagen vor. Auch die Bauernfamilie Traube, deren Hof neben Konrad liegt, will Beschwerde einreichen.
Mit ihrem Beschluss, rund 20 Jahre nach Beginn des Genehmigungsverfahrens das Lager für schwach- und mittelstrahlende Abfälle doch noch zu genehmigen, hat das Kabinett von Ministerpräsident Sigmar Gabriel die Region um Salzgitter gegen sich aufgebracht. Kirchenmitarbeiter Hans-Georg Babke aus Salzgitter befürchtet, „dass zukünftige Generationen nur noch auswandern können“. Die Prognose, frühestens in 300.000 Jahren werde Radioaktivität aus den vergrabenen Müllbehältern an die Oberfläche gelangen, hält der Geistliche für nicht belastbar. Etwa durch Verwerfungen im Erdreich könne die Verseuchung schon sehr viel früher eintreten.
Babke ist Leiter des Amtes für Religionspädagogik der evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig. Bereits 1991 hat die Landessynode beschlossen, das Lager im Schacht Konrad aus ethischen Gründen abzulehnen. Jetzt soll die damalige Entscheidung praktische Folgen haben: „Ich gehe davon aus, dass die Landeskirche gegen Schacht Konrad klagt“, sagt Babke gestern gegenüber der taz.
Entgegen dem ursprünglichen Antrag darf Schacht Konrad nach dem Beschluss der Landesregierung nur die Hälfte strahlenden Mülls aufnehmen: 303.000 Kubikmeter. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat den Antrag auf sofortige Inbetriebnahme zurückgezogen. Deshalb werden die kommenden Klagen die Einlagerung auf unbestimmte Zeit verzögern. Dies sei „faktisch ein Moratorium“, sagte Niedersachsens Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD).
Peter Dickel von der atomkritischen Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad argumentiert, die rot-grüne Regierung in Berlin und die SPD in Niedersachsen verstießen mit der gemeinsam eingefädelten Genehmigung gegen die eigene Strategie. Diese bestehe offiziell darin, in einem neuen Auswahlverfahren den Ort für ein einziges atomares Endlager in Deutschland zu suchen. Die Genehmigung von Konrad laufe diesem Prozess zuwider. Am 15. Mai demonstriert die AG mit anderen Organisationen in Hannover gegen den Beschluss.
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