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Maus treibt Schimmel

■ „E-Government“ heißt bislang: Formulare werden am Computer ausgefüllt und abgeheftet. Dabei müsste eigentlich die Bürokratie reformiert werden

Heiratsurkunden, Mahnbescheide, Handelsregisterauskünfte – mehr als 100 solcher Verwaltungsdienstleistungen will „Bremen Online Service“ (BOS) bis zum Herbst übers Internet zugänglich machen. „E-government“ heißt das Schlagwort, das Behördengänge überflüssig, Verwaltung bürgernäher und Amtsstuben zu Dienstleistungs-centern machen soll. Doch das Interesse der BremerInnen hält sich bislang in Grenzen.

Knapp 2.000 der für die elektronische Unterschrift benötigten Signaturkarten samt zugehörigem Lesegerät hat BOS in sechs Monaten in Bremen verkauft – hauptsächlich an Studierende, professionelle NutzerInnen und an Technik-Freaks. „Die Bürger haben am Ende doch nicht so viel Kontakt mit den Behörden“, vermutet Kerstin Sprock, Marketing-Leiterin bei BOS: „Die wirklich anspruchsvollen Applikationen werden im professionellen Bereich laufen.“

Erste erfolgreiche Beispiele gibt es schon. Seit November können etwa Rechtsanwälte Mahnbescheide direkt am Computer eingeben und per Knopfdruck zum Amtsgericht schicken. Das Verfahren konnte BOS an drei weitere Bundesländer verkaufen.

Und die „kleine Einsichtnahme“ ins Bremer Handelsregister per Internet wird pro Monat bereits rund 3.000 Mal genutzt. Grundlegend revolutioniert hat das „E-government“ die Verwaltung jedoch nicht: Neue Register-Einträge etwa werden nach wie vor auf Papier angelegt. „Das wird erst anschließend abgetippt“, gibt Sprock zu. Wer hundertprozentig sicher gehen wolle, eine aktuelle Auskunft zu erhalten, müsse immer noch persönlich im Amtsgericht vorbeischauen.

Spätestens bei der Archivierung wird aus dem modernsten „E-government“ wieder altehrwürdige Bürokratie: Die mit viel Aufwand elektronisch signierten Dokumente werden schlicht ausgedruckt und zu den übrigen Akten geheftet. „Es gibt bisher in keinem Bereich ein vollelektronisches Archiv – weder in Behörden, noch in Unternehmen“, sagt Herbert Kubicek, Leiter der Forschungsgruppe Telekommunikation an der Bremer Uni und einer der Initiatoren des Bremer „E-government“-Projektes.

Bisher beschränken sich die Bremer in erster Linie darauf, die Verwaltungsprozesse in ihrer heutigen Form zu beschleunigen. Kubicek hält das jedoch allenfalls für den ersten Schritt: „Einen wirklichen Nutzen gibt es erst, wenn die Verfahren an sich einfacher werden“. Für die Rückmeldung an der Bremer Universität etwa genügt inzwischen die rechtzeitige Überweisung des Semesterbeitrags. Und bei der Änderung des bremischen Meldegesetzes ist die Pflicht zur Vorlage einer Bescheinigung des Vermieters einfach gestrichen worden. Solche Reformen sind zwar auch unabhängig von Online-Projekten möglich. Kubicek aber weiß: „Oft gibt die Einführung elektronischer Verfahren den Anstoß.“

Noch in diesem Jahr will die BOS auch das Bauantragsverfahren computerisieren. Zwölf Behörden-Stellen müssen zu jedem geplanten Vorhaben Stellung nehmen. „Wir müssen uns vom Weiterreichen der Akte verabschieden“, sagt Kubicek. In Zukunft sollen die Unterlagen auf einem zentralen Server liegen. Dann können alle Beteiligten gleichzeitig daran arbeiten – und auch der Architekt kann sehen, welches Amt seine Aufgabe schon erledigt hat. Kubicek ist vom durchschlagenden Erfolg des Projektes überzeugt: „Dann wird auch schneller gearbeitet.“ hoi

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