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„Das ist ja schlimmer als bei Helmut Kohl“

■ Bremens CDU-Chef Bernd Neumann fühlt sich beim Wahlprogramm von Angela Merkel übergangen

Nach außen gibt sich die CDU siegessicher, intern gärt es. Lange schwieg der Bremer CDU-Landeschef Bernd Neumann, jetzt redete er über den neuen Stoiber-Wind in der CDU – mit der taz .

taz: „Das ist ja schlimmer als bei Helmut Kohl“, sollen Sie gesagt haben, weil Angela Merkel das Wahlprogramm der Union ohne Mitwirkung des Parteivorstands durchpeitschen wollte. Stimmt das?

Bernd Neumann: Ich dementiere das nicht, habe es aber nicht selbst in die Öffentlichkeit getragen. Eine Berliner Zeitung hat es aufgeschrieben.

Immerhin sind Sie seit 25 Jahren Mitglied im Vorstand, das immer die Wahlprogramme abgesegnet hat – und Kohl-Zögling. Waren Sie sehr sauer?

Meine Kritik bezog sich auf den internen Ablauf des Willensbildungsprozesses für das Parteiprogramm. Aber jetzt ist das Thema ausdiskutiert.

Haben Sie für Ihren Aufschrei Schelte kassiert?

Nein, wer soll mich schelten? Es stimmt ja, dass da was schief gelaufen ist. Außerdem habe ich ein gutes Verhältnis zur Vorsitzenden.

Ist das Übergehen wichtiger Funktionsträger der Partei typisch für den neuen Wind, der mit einem CSU-Kanzlerkandidat Stoiber durch die CDU weht?

Nein. Den würden Leute wie ich auch nicht hinnehmen wollen. Zudem ist Angela Merkel ungleich kooperativer als Helmut Kohl. Immerhin sind auf meine Intervention hin die Mitglieder des Vorstands in die Abschlussdiskussion einbezogen worden. Wir haben den Entwurf inzwischen auch schriftlich vorliegen. Am Montag, also heute, wird das Parteiprogramm der Öffentlichkeit vorgestellt.

Merkel hat gesagt, da stünde sowieso „nichts Neues drin“. Stimmt das?

Natürlich haben wir das Rad nicht neu erfunden. Aber das Programm konkretisiert, was wir bereits zur Steuerreform, zur Auflösung der Zentralen Vergabestelle für Studienplätze, zur Abschaffung des Zuwanderungsgesetzes oder zur Einführung eines Familiengeldes gesagt haben. Da steht jede Menge drin. Und es ist ernst gemeint: Die „Gefahr“, dass wir tatsächlich die Regierung übernehmen, ist ja nicht gering.

Stehen Sie denn mittlerweile zum Kandidaten Edmund Stoiber?

Ich habe große Symphatien für die Bewerbung von Angela Merkel gehabt. Am Ende habe ich aber die Entscheidung für Stoiber für richtig gehalten.

Fällt Ihnen das Aufbegehren leichter, weil Sie nur noch auf Abruf im Bundestag sitzen? CDU-Fraktionsvize Michael Teiser wartet angeblich nur darauf, Sie in der Mitte der nächsten Legislaturperiode beerben zu können.

Das ist zur Zeit kein Thema. Vielleicht kommt Michael Teiser ja auch jetzt rein, je nach Wahlausgang. Es wird knapp. Teiser steht auf Platz 2 der Landesliste.

Wie viel Prozent bekommt die CDU in Bremen bei der Bundestagswahl?

Möglichst viel über 30 Prozent, beim letzten Mal war es deutlich darunter. Soziologisch sind wir leider immer noch eine rote Hochburg. Interview: Kai Schöneberg

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