: Lehrer machen die Schule dicht
■ LehrerInnen-Streik am Schulzentrum Drebberstraße in Hemelingen: Angestellte fordern „gleichen Lohn für gleiches Geld“. Die GesamtschülerInnenvertretung klatscht Beifall
orgens um halb sieben waren die Schultüren zu und sie sollten es auch den ganzen Tag bleiben: „Wir streiken“ – nicht etwa die SchülerInnen, sondern Bremens angestellte LehrerInnen verhinderten gestern am Schulzentrum Drebberstraße in Hemelingen den Unterricht . Im ganzen Bremer Osten waren rund 180 Pädagogen im Ausstand. „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissnenschaft (GEW) und kündigt weitere Streiks für die nächsten Tage an. Die SchülerInnen hatten frei.
Das Problem: Weil die verbeamteten LehrerInnen weniger Sozialabgaben zahlen müssen als ihre KollegInnen im Angestelltenverhältnis, haben sie bei gleichem Gehalt unterm Strich am Monatsende bis zu 500 Euro mehr auf ihrem Konto. „Das ist ungerecht“, sagt Elisabeth Mackensen vom Schulzentrum Horn. Quasi als Ausgleich fordern die rund 1.500 Angestellten – sie machen etwa ein Drittel der bremischen Lehrerschaft insgesamt aus – die Wiedereinführung des „Bewährungsaufstiegs“. Der würde ihnen nach einer Dienstzeit von 15 Jahren brutto monatlich rund 500 Euro mehr bringen – und wurde 1995, als viele Anfang der 80er-Jahre eilig eingestellte LehrerInnen darauf Anspruch bekamen, vom Senat kurzerhand gestrichen.
Auch mehrere Warnstreiks und eine Demonstration konnten den Senat bisher nicht zur Aufnahme von Tarifverhandlungen bewegen. Zwar hat Bremen sich erst kürzlich bereit erklärt, angestellte Lehrer unter 45 Jahren noch nachträglich zu verbeamten. Zwei Drittel der 1.480 Betroffenen haben diese Altersgrenze allerdings bereits überschritten.
Jetzt wollen die LehrerInnen die ganze Woche über mit „regionalen Streiks“ Druck ausüben. Heute ist der Bremer Westen dran, morgen folgt der Bezirk Nord und am Donnerstag haben SchülerInnen im Süden Aussicht auf einen zusätzlichen Ferientag. Die GesamtschülerInnen-Vertretung (GSV) solidarisierte sich mit den streikenden Pädagogen. Gestern profitierten von den Streikaktionen auch die verbeamteten LehrerInnen: „An einer Schule, die ganz dicht ist, können die Beamten natürlich auch nicht arbeiten“, sagte Rainer Gausepohl, Sprecher im Bildungsressort von Willi Lemke (SPD).
Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU), als Finanzsenator Arbeitgeber der Pädagogen, hält den LehrerInnen-Streik schlicht für rechtswidrig. Der Tarifvertrag laufe noch bis Ende des Jahres, die angestellten Pädagogen müssten sich an die „Friedenspflicht“ halten. Wolfgang Bielenberg von der GEW widerspricht: In Angelegenheiten, die tarifvertraglich nicht geregelt seien, könne zur Durchsetzung von Forderungen selbstverständlich gestreikt werden.
Perschau wirft der GEW zudem vor, mit falschen Zahlen zu operieren. So müssten die Beamten-LehrerInnen etwa ihre Krankenversicherung allein von ihrem Nettoeinkommen bezahlen. Auch der bildungspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Claas Rohmeyer, hat mit den Gehalts-Unterschieden zwischen Beamten und Angestellten kein Problem – selbst, wenn diese die gleiche Qualifikation haben und die gleiche Arbeit machen: „Beamte haben andere Nachteile.“
Um „die Unzufriedenheit der angestellten Lehrer zu beseitigen“, so Rohmeyer, müsse Bildungssenator Lemke mehr Funktionsstellen schaffen. Dann hätten sowohl die angestellten als auch die verbeamteten LehrerInnen mehr Chancen, in eine bessere Gehaltsklasse aufzustocken. Das Geld dafür solle sich Lemke bei den „teuren Gesamtschulen“ einsparen.
Bereits gestern fanden erste Gespräche zwischen GEW und Staatsräten statt. Ein Ergebnis lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor. Der Senat will heute über rechtliche Schritte gegen die GEW beraten.
Ulrike Bendrat/Armin Simon
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